Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Mecklenburg-Vorpommern vom Dezember 2022

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Note staatl. Teil 1. Examen

6,90

Gesamtnote 1. Examen

8,47

Gesamtnote 2. Examen

6,87

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen: Abgrenzung Raub und räuberische Erpressung, Gang des Ermittlungsverfahrens, Zuständigkeiten

Paragraphen: §249 StGB, §255 StGB, §242 StGB, §152 StPO, §77 StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein

Prüfungsgespräch:

Zu Beginn der Prüfung trug die Prüferin einen kurzen Sachverhalt vor. Dabei bemerkte sie ausdrücklich, dass man nicht mitschreiben müsse, weil der geschilderte Sachverhalt sehr überschaubar sei, ich kann jedoch empfehlen, zumindest die wichtigsten Details zu notieren, um im Prüfungsgespräch keine Nachfragen stellen zu müssen. Zwar beantwortet die Prüferin diese geduldig, ein andauerndes Wiederholen der wesentlichen Stellen des Falles lässt das an sich sehr flüssige Prüfungsgespräch aber unnötig ins Stocken geraten. Der Sachverhalt verhielt sich wie folgt: Der 18-jährige T sieht den 9-jährigen O auf einer Schaukel schaukeln. Dieser hält dabei einen Schokoriegel in der Hand. Der T geht auf den O zu und sagt zu diesem „der Riegel gehört mir“.
Anschließend stößt der T den O von der Schaukel und nimmt ihm gleichzeitig den Schokoriegel weg. Diesen verspeisend entfernt sich der T vom Geschehen. Zunächst fragte die Prüferin, an welche Straftatbestände wir hier denn so denken würde. Dabei wollte sie insbesondere auf den Raub (§ 249 StGB) hinaus. Auch wurden der Diebstahl (§ 242 StGB) sowie nach einigem Nachfragen die Körperverletzung (§ 223 StGB) genannt. Ein Prüfling nannte die Sachbeschädigung nach § 303 StGB.
Anschließend prüften wir die einzelnen Delikte gemeinsam durch. Dabei war der Prüferin ein sicheres Beherrschen der Definitionen der einzelnen Tatbestandsmerkmale wichtig, wobei ein „Freestylen“ an dieser Stelle nicht allzu negativ bewertet erschien. Im Rahmen der Prüfung des Raubes nach § 249 StGB ging es um dessen Abgrenzung zur räuberischen Erpressung und hierbei vornehmlich um das Tatbestandsmerkmal der Wegnahme sowie die Finalität. Danach stellte die Prüferin die Frage, was wir aus Sicht der Staatsanwaltschaft veranlassen sollten, wenn der Vater des O Anzeige erstattet und Strafantrag stellt. Hierbei ging es zunächst um die Unterscheidung von absoluten und relativen Antragsdelikten sowie den Unterschied zwischen Strafantrag (Begehren der Strafverfolgung) und Strafanzeige (reines Melden einer möglicherweise begangenen Straftat). An dieser Stelle wollte die Prüferin insbesondere die Notwendigkeit der Vertretung des O durch seine gesetzlichen Vertreter hören, da dieser nach § 77 Abs. 3 StGB nicht geschäftsfähig ist. Daran schloss sich das Legalitätsprinzip nach § 152 StPO an, durch das die Staatsanwaltschaft bei Vorliegen des Verdachts einer Straftat von Amts wegen verpflichtet ist, Ermittlungen aufzunehmen. In diesem Zusammenhang wollte die Prüferin die verschiedenen Verdachtsgrade der StPO (Anfangsverdacht, hinreichender Tatverdacht sowie dringender Tatverdacht) mitsamt den dazugehörigen Normen hören und stellte die Frage, welchen Verdachtsgrad man für was benötige.
Anschließend diskutierten wir das mögliche weitere Vorgehen der Staatsanwaltschaft als Strafverfolgungsbehörde und die möglichen Ermittlungsmaßnahmen. Dabei ging ein Prüfling insbesondere auf die Beantragung einer Untersuchungshaft und deren Voraussetzungen ein, wobei die Prüferin ihn zunächst gewähren ließ. Die Prüferin wollte aber erkennbar auf andere Ermittlungsmaßnahmen, wie die Beschuldigten- und die Zeugenvernehmung, hinaus. Hiernach wollte die Prüferin die möglichen Abschlussvarianten des Ermittlungsverfahrens, also Einstellung oder Anklage, und die dazugehörigen Normen hören. Die Prüferin schloss die Prüfung mit der Frage nach der gerichtlichen Zuständigkeit für einen hier einschlägigen Raub (Amtsgericht, Schöffengericht, §§ 24, 28 GVG, da der T sich hier ein Verbrechen mit einer Straferwartung bis zu vier Jahren hinreichend verdächtig gemacht hatte) und prüfte hierbei die verschiedenen möglichen sachlichen und örtlichen erstinstanzlichen Zuständigkeiten in Strafsachen ab. Dabei wollte sie auch die besondere Zuständigkeit des Jugendschöffengerichts nach dem JGG hören aufgrund des geringen Alters des Tatopfers.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Mecklenburg-Vorpommern im Dezember 2022. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.