Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Mecklenburg-Vorpommern vom Juni 2022

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Note staatl. Teil 1. Examen

7,03

Gesamtnote 1. Examen

7,28

Gesamtnote 2. Examen

8,79

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Femizid Mordmerkmale Vorsatz Brandstiftung am Rande

Paragraphen: §211 StGB, §306c StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort-Diskussion, hält Reihenfolge ein, verfolgt Zwischenthemen, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

In die Prüfung eingestiegen sind wir mit der Frage, was wir davon halten, dass für den Femizid ein eigner Straftatbestand gefordert wird. Wir sollten kurz erläutern was man unter Femizid versteht (Tötung von Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechts) und dann reihum unsere Meinung erläutern. Stellenweise hat der Prüfer nachgehakt, sodass wir schon hier kurz auf die Abgrenzung zum Mord zu sprechen gekommen sind. Insbesondere die potenzielle Straferwartung wurde thematisiert, da eine höhere Strafe als beim Mord nicht möglich ist. In diesem Zusammenhang haben wir auch Abgrenzungsschwierigkeiten zu anderen Delikten thematisiert, da ja auch der Femizid eventuell aus niedrigen Beweggründen erfolgen könnte. Dann schilderte er einen Fall: Wir sind Staatsanwalt/Staatsanwältin und gegen 21 Uhr klingelt unser Bereitschaftshandy. Wir werden von der Polizei informiert, dass eine Frau ihren Ehemann angezündet hat woraufhin dieser verstorben ist. Es ging dann zunächst um das Vorgehen der Staatsanwaltschaft und kurz um das Verhältnis zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei – Stichwort: Weisungsrecht. In diesem Zusammenhang thematisierten wir auch das vorläufige Festnahmerecht nach § 127 StPO und die entsprechenden Voraussetzungen. Dann vertiefte er den Fall: Die Frau, körperlich angeschlagen, lebte mit dem Mann zusammen in dessen Wohnung. Sie waren erst verheiratet und dann geschieden. Sie stritten sich häufig darüber, dass sie ausziehen soll. Irgendwann ist der Streit eskaliert und sie hat ihm mit einem Fleischklopfer aus dem Kopf geschlagen. Daraufhin hat er den Notruf gewählt und sowas gesagt wie „Endlich habe ich sie so weit – jetzt muss sie in die Klapse“. Die Frau wollte, dass er aufhört zu telefonieren und hat ihn mit einem auf dem Balkon stehenden Benzinkanister überschüttet und angezündet. Einer der Feuerwehrmänner erlitt außerdem beim anschließenden Einsatz eine Rauchgasvergiftung. Wir prüften dann reihum den Fall – angefangen mit Mord. Wir diskutierten abwechselnd die in Betracht kommenden Mordmerkmale, wo es dem Prüfer auch immer auf die Definitionen der einzelnen Tatbestandsmerkmale ankam. Wir vertieften später noch den Vorsatz. Letztlich hat er uns vorgegeben, dass wir von einem Totschlag ausgehen sollen. Da gleichzeitig die Brandstiftung mit Todesfolge verwirklicht wurde (welche wir nur relativ kurz und schnell geprüft haben), sollten wir das Verhältnis dieser beiden Normane diskutieren. Zu problematisieren war, ob der eine von dem anderen Straftatbestand konsumiert, wird aufgrund der Folge, dass in beiden Fällen ein Mensch stirbt. Hier wollte der Prüfer verschiedene Meinungen hören und vermutlich darauf hinaus, dass beide Normen einen unterschiedlichen Unrechtsgehalt haben. Beim Totschlag steht die vorsätzliche Tötung eines Menschen im Vordergrund, bei der Brandstiftung mit Todesfolge handelt es sich um eine vorsätzliche Brandstiftung und einem dadurch leichtfertig verursachten Tod eines Menschen. Hier lag wohl der Unterschied, vollständig aufgeklärt wurde die Frage jedoch nicht. In diesem Zusammenhang gingen wir auch auf Tateinheit und die Strafen Bildung ein. Grundsätzlich hat der Prüfer reihum geprüft. Sofern ein Prüfling aber nicht weiterwusste oder eine Norm nicht gefunden hat, hat er die Frage auch offen gestellt. Durch Blickkontakt konnte man signalisieren, wenn man eine Antwort auf eine Frage parat hatte. Nichtsdestotrotz hat jeder Prüfling ausreichend Gelegenheit bekommen in Ruhe über die Frage nachzudenken.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Mecklenburg-Vorpommern im Juni 2022. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.