Prüfungsthemen: Zivilrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Endpunkte |
11,0 |
Endnote |
11,0 |
Endnote 1. Examen |
11,0 |
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer begann die Prüfung mit einem kurzen Fall. Danach habe A mit dem B vereinbart, dass dieser eine Photovoltaikanlage liefern und auf dessen Dach installieren soll. Dafür habe A dem B eine Anzahlung von 10.000 Euro geleistet, wobei insgesamt 20.000 Euro vereinbart waren. Es sind nun bereits mehrere Monate vergangen und B hat immer noch keine Leistung erbracht. Mittlerweile sind PV-Anlagen auch deutlich günstiger geworden. Der A möchte sich nun von dem Vertrag lösen. Zu Beginn wurde thematisiert um welchen Vertrag es sich dabei handeln könne. Dabei wurden unter Rückgriff auf den Schwerpunkt des Vertrags Kauf-, Werklieferungs- und Werkvertrag thematisiert. Erst nach Klarstellung, dass die PV-Anlage aufwendig verkabelt werden muss und nach Vorgabe durch den Prüfer, einigten wir uns auf einen Werkvertrag. Dabei streiften wir auch § 650a BGB und stellten uns die Frage, ob es sich um einen Bauvertrag handelt. Eine klare Antwort ergab sich hier aber nicht. Vor der Prüfung der materiellen Rechtslage erfolgte ein kurzer prozessualer Einschub, der lediglich die sachliche und örtliche Zuständigkeit betraf. Aufgrund der Höhe der Anzahlung waren wir recht schnell beim Landgericht, wobei der Prüfer (als Vorsitzender einer Baurechtskammer) auf § 72a GVG hinauswollte, der die Bildung ebensolcher Spezialkammern erlaubt. Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit wollte der Prüfer neben dem allgemeinen Gerichtsstand noch kurz § 29 und § ZPO hören. In der materiell-rechtlichen Prüfung nannten wir nun verschiedene Loslösung rechte. Der Prüfer lenkte die Prüfung dann vor allem auf § 648 und § 648a BGB. Hier sollten wir genauer prüfen welche Voraussetzungen vorliegen müssen. Insbesondere war es dem Prüfer wichtig, wo der Unterschied hinsichtlich der restlichen Zahlungen für den Unternehmer liegt (§ 648 BGB erlaubt im Wesentlichen, dass der Unternehmer seinen Gewinn verlangen kann, während bei § 648a BGB lediglich der bis zur Kündigung anfallende Lohn zu zahlen ist). Danach wandelte der Prüfer den Fall dahingehend ab, dass der Besteller als Verbraucher den Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen hat. Wir sprachen zuerst allgemein über das Zusammenspiel von § 312, § 312b und später auch über § 355 ff. BGB. Im Rahmen des § 312 BGB sprachen wir darüber, ob es sich um einen Verbraucherbauvertrag handele. Sodann sprang der Prüfer aber auf § 312g und ließ uns prüfen, ob es sich bei der PV-Anlage um eine Ware nach § 312 g I Nr. 1 BGB handelt, die nicht vorgefertigt ist und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist. Sodann wollte er noch wissen, ob eine Matratze unter Nr. 3 fällt. Dies ist nach dem EuGH nicht der Fall, wobei der Prüfer sich über den Hinweis auf das Urteil freute. Sodann wollte der Prüfer wissen, was denn bei einem Widerruf mit den erbrachten Leistungen passiere. Hier war bereits nicht klar, welche Leistungen er konkret meint. Er wollte schlussendlich darauf hinaus, ob der Unternehmer (auch im Vergleich zu den §§ 648, 648a BGB) seine Leistungen verlangen kann. Die Prüfung geriet hier teilweise sehr ins Stocken, da teilweise nicht klar war, ob wir davon ausgehen, dass ein Widerrufsrecht besteht und um welche Art von Widerrufsrecht es sich handelt. Der Prüfer gab auch keine Hilfestellung. Zwar gibt es hier mit § 357e BGB auch Sonderregelungen für Verbraucherbauverträge, aber dazu kamen wir dann nicht mehr. Der Prüfer erwähnte hier noch ein EuGH-Urteil, welches sich auf diese Bewertung auswirken könnte (mutmaßlich handelt es sich um das Urteil EuGH vom 17.05.2023 (C-97/22) ; der Prüfer erwähnte – passend zu dem thematisch verwandten EuGH Urt. vom 11.06.2020, C-43/19, Vodafone Portugal in der Prüfung auch kurz das Thema Umsatzsteuer, ohne konkrete Fragen dazu zu stellen). Das Urteil kannte jedoch keiner von uns. Zum Abschluss gab es noch einige Fragen zum Eigentum an der PV-Anlage, wenn es bspw.. einen Eigentümerwechsel beim Grundstück gibt. Hier diskutieren wir länger, ob es sich um eine wesentliche Sache handelt und ob man individualvertraglich vereinbaren kann, ob es sich nur um einen vorübergehenden Zweck handelt, § 95 BGB (laut BGH – ja). Sodann stellte der Prüfer noch eine Frage dazu, was wir machen würden, wenn wir ein Grundstück hätten und nicht wüssten, wo die Grenze verläuft. Hier wollte er – nachdem ihm Hinweise zum Grundbuch und Kataster nicht genügten – auf § 919 BGB hinaus, wonach de Grenzsteine entscheidend sind. Eine weitere letzte Frage zu einem Gebäude welches über zwei Grundstücke gebaut wurde, zielte auf den Überbau nach § 912 BGB ab, wurde aufgrund der Zeit aber auch nur noch kurz angeschnitten.
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Berlin vom Mai 2025 Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.