Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – NRW vom Februar 2023

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Note staatl. Teil 1. Examen 8,3
Gesamtnote 1. Examen 8,87
Gesamtnote 2. Examen 6,97

Zur Sache:

Prüfungsthemen:Staatsanwaltschaftliche Ermittlungsmaßnahmen Körperverletzung und Nötigung

Paragraphen: §224 StGB, §240 StGB, §315b StGB, §153 StPO, §153a StPO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, verfolgt Zwischenthemen

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer hat bei uns Strafrecht geprüft, da wir neben ihm noch einen weiteren Zivilrichter in der Prüfungskommission sitzen hatten. Er hat bei uns jedoch einen neuen Fall geprüft. Da der Prüfer generell sehr protokollfest ist, kann es gut sein, dass er den Fall nochmal drannimmt. Zum Fall: Wir sollten uns in die Rolle eines Staatsanwalts versetzen. Er hat eine Strafanzeige (nicht gesagt von wem!) auf dem Tisch liegen. M und V hatten einen Mietstreit. Als M auszieht, bemerkt V dies und folgt ihr, da er ihre neue Anschrift wissen möchte. Er fährt ihr daher mit dem Auto hinterher. M bemerkt dies, hält an und steigt aus. Dabei stellt sie sich mit ausgebreiteten Armen vor das Auto des V. Dieser kann gerade noch bremsen und kommt rechtzeitig zum Stehen. Als M nicht weggehen möchte, tippt V ganz leicht das Gaspedal an. Dabei fährt das Auto an und berührt die M leicht. Diese verliert das Gleichgewicht, fällt hin und hat blaue Knie. F: Was würden Sie tun? A: Anfangsverdacht gegen beide prüfen F: Wo steht das? A: § 152 II StPO F: Aber da steht nicht wörtlich Anfangsverdacht, woraus ziehen sie das? A: Aus dem Wortlaut F: Was regelt § 152 II StPO eigentlich? A: Legalitätsprinzip F: Welche Straftaten kommen in Betracht: A: Für M Nötigung (§ 240 StGB), für V: §§ 223, 224; § 240; § 315b StGB; Nachstellung F: Dann prüfen Sie A: Ich fange mit dem schwersten Delikt an, also § 315b I Nr. 3 StGB. – Wir haben sodann § 315b StGB geprüft und kamen unter anderem auf den pervertierten Inneneingriff zu sprechen. Anschließend prüften wir § 224 I Nr. 2 und 5 StGB, wobei wir unter anderen auf die konkrete Art der Verwendung zu sprechen kamen. In dem Rahmen wurde auch der Vorsatz besprochen (Abgrenzung bedingter Vorsatz – bewusste Fahrlässigkeit). Anschließend prüften wir die Nötigung vor V. Wobei insb. die Rechtswidrigkeit nach Abs. 2 besprochen wurde. In dem Rahmen sprachen wir dann auch über Rechtfertigungsgründe, insb. Notwehr wegen Verhalten der M. – F: Wir haben den Anfangsverdacht nun bejaht, wie würden sie weiter vorgehen? A: Akte an die Polizei für Vernehmung von M (Zeugin) und V (Beschuldigter), BZR-Auszug anfordern F: Die Vernehmung ergibt das gleiche Ergebnis, was jetzt? A: Ermittlungen abschließen, Anklage erheben (§ 170 I StPO), Strafbefehl einlegen oder einstellen. – Wir gingen dann kurz auf §§ 170 II, 203 StPO ein sowie auf den Strafbefehl (§ 407, insb. Abs. 2 S. 2) F: Welche Einstellungsmöglichkeiten gibt es bei Bejahung des Anfangsverdachts? A: §§ 153, 153a StPO F: Wo ist der Unterschied A: Bei § 153a StPO muss die Schuld schon verdichtet sein, bei § 153 StPO nicht. (vgl. Wortlaut der Normen) Anschließend folgte noch eine rechtsethische Frage: Dürfen Klimakleber bestraft werden?

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im Februar 2023. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.