Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Bayern vom Mai 2021

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Bayern im Mai 2021. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 6,7
Prüfungsgespräch 8,6
Endnote 7,19
Endnote (1. Examen) 7,3

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen: StGB und StPO

Paragraphen: §267 StGB, §123 StGB, §252 StGB, §170 StPO, §263 StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, lässt Meldungen zu

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer fing mit der Schilderung eines Sachverhalts an, der wohl in Wirklichkeit sich so abgespielt hat:
A ist volljährig, nicht geimpft und hat keinen negativen Schnelltest. ER hat im Internet gesehen, dass man sich über den Messagedienstleister Telegramm einen Impfpass schnell und täuschend echt für 80€ beschaffen kann, in dem dann drin steht, dass man die 1. Und 2. Impfung mit AstraZeneca mit 12 Wochen Abstand erhalten hat und dies ein Arzt unterschrieben hat.
A gab diesen Impfpass in Auftrag und bezahlte die 80 € per PayPal.
Strafbarkeit des A?
Es wurde mit § 267 StGB begonnen und die Urkunde definiert (Perpetuierungs-, Identitäts- und Beweisfunktion). Der Impfpass stellt danach eine Urkunde dar.
A hat den Impfpass jedoch nicht selbst erstellt, sondern in Auftrag gegeben.
Es wurde Anstiftung nach § 26 StGB geprüft und abgelehnt, sowie § 27 StGB. Auch Mittäterschaft nach § 25 II StGB wurde geprüft und die subjektive Theorie (animus auctoris/socii) sowie Tatherrschaftslehre als Abgrenzung zur Teilnehmerschaft genannt.
Eine Strafbarkeit für das In Auftrag geben des Impfpasses wurde nach § 267 StGB im Ganzen jedoch abgelehnt.
Weiter ging es wie man mit einer solchen Anklage verfahren müsste – einstellen nach § 170 II StPO.
Es wurde auf das Rückwirkungsverbot nach §1 StGB eingegangen.
Der Sachverhalt wurde weitergesponnen: A geht nun in ein Bekleidungsgeschäft, in dem an der Tür ein Türsteher steht, der die Impfpässe/negativen Tests überprüft. Dort kaufte er eine reduzierte Jacke.
Strafbarkeit nach § 267 StGB? Ja nach Var. 3.
Es wurde lange auf die Täuschungsabsicht eingegangen, die eine überschießende Innentendenz darstellt.
Auch auf § 274 I Nr. 1 StGB wurde eingegangen.
§ 263 StGB wurde geprüft, wobei es wegen der verbilligten Jacke an einer Vermögensverfügung und Vermögensschaden fehlte.
§ 123 StGB wurde noch geprüft und angenommen, da kein tatbestandsausschließendes Einverständnis für Leute mit gefälschtem Impfpass vorliegt. Zur Verfolgung ist ein Strafantrag nach § 123 II, 77 STGB nötig.
Der Sachverhalt wurde wieder weiter ausgeführt:
Dem Türsteher fiel später auf, dass der Impfpass gefälscht ist und erhielt den A im Kassenbereich auf. A stieß den Türsteher zurück und verließ fluchtartig das Geschäft.
Strafbarkeit nach § 252 StGB?
Nein, da es nicht „bei“ einem Diebstahl war, da als Vortat § 267 I vor. 3 StGB vorlag.
§ 240 StGB und § 223 II StGB wurde geprüft sowie Definitionen für den Versuch und die Gewalt.
Er wollte zum Schluss noch die Konkurrenzen wissen, sowie die Definition zur natürlichen Handlungseinheit.
Weiterhin sollte das zuständige Gericht (§§ 24, 25 29 GVG) für § 252 StGB genannt werden. Dabei wurde auf den Strafrichter und das Schöffengericht eingegangen, wie die Besetzung ist und nach was sich das ganze richtet. Wir nannten erst Strafrahmen, Straferwartung, Strafzumessung, er wollte aber den Strafbann hören. Zuletzt wollte er wissen, was man macht, wenn die Anklage an ein zu hohes / niedriges Gericht bzw. Spruchkörper kam, nämlich eine Verweisung. Es wurden mehrere Normen angesprochen, da die einschlägige Norm nicht gleich gefunden wurde. § 260 StPO wurde genannt, § 202a StPO, aber letztendlich ist dies in § 209 Absatz 1 und Absatz 2 StPO endgültig geregelt.