Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – NRW vom April 2021

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im April 2021. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5 6
Vorpunkte 7,37 2 3 4 5 6
Aktenvortrag 7 2 3 4 5 6
Prüfungsgespräch 9 2 3 4 5 6
Endnote 7,82 2 3 4 5 6
Endnote (1. Examen) 8,4

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Materielles Strafrecht, in prozessualer Hinsicht höchsten die Definition des hinreichenden Tatverdachts. § 316 StGB, BAK Rückrechnung auf Tatbestands- und auf Schuldebene sehr wichtig ! § 145 d I StGB formelle Subsidiarität auch für Absatz 2. Mögliche Teilnahme an § 164 StGB.

Paragraphen: §316 StGB, §145d StGB, §21 StGB, §27 StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, Intensivbefragung Einzelner, hart am Fall

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer stellte uns folgenden Sachverhalt.
Um 1 Uhr nachts wird die Polizei auf einen fahrenden PKW aufmerksam, in welchem sich zwei Personen befinden. Die Beamten sind der Meinung auf der Fahrerseite einen Mann gesehen zu haben. Sie verfolgen den PKW, sehen allerdings nur noch wie zwei Menschen aussteigen und in ein Gebäude gehen, sie verfolgen die Personen, andere Personen sind nicht im Gebäude. Sie treffen auf M und F, beide wirken alkoholisiert, der M mehr als die F. F hat keine Fahrerlaubnis. Beide sind nicht vorbestraft. Ein Bluttest um 2 Uhr weist für M eine BAK von 1,3 und für F eine BAK von 1.2 auf. Während der Vernehmung geben beide an, dass F gefahren sei, weitere Angaben wollten sie nicht machen.
Ich sollte die Strafbarkeit prüfen und mir aussuchen mit wem ich anfange. Ich prüfte dann sie Strafbarkeit des M nach § 316 StGB. Im Verkehr war unproblematisch erfüllt. Weiterhin müsste er auch ein Fahrzeug geführt haben, an dieser Stelle wollte ich dann die Beweislage prüfen, allerdings sagte der Prüfer, dass ich nur materiell prüfen solle. Ich ging dann davon aus, dass M gefahren ist und prüfte, dann die absolute Fahruntüchtigkeit (PKW ab 1,1 unwiderlegbar), da die Blutprobe eine Stunde später entnommen wurde und auf Tatbestandsebene ein möglichst niedriger Wert für den Täter am günstigsten ist, erfolgt in den ersten zwei Stunden keine Addition und dann je Stunde ein Abbauwert von 0,1, so dass der Wert bei 1,3 für den M blieb und die absolute Fahruntüchtigkeit vorlag. Ich sollte weiter prüfen, kam zu Rechtswidrigkeit, was ich aber überspringen sollte, da diese unproblematisch vorlag. Dann kam ich zur Prüfung des subjektiven Tatbestands und sollte die Vorsatzformen erläutern, aus Sicht des Prüfers kam hier nur Eventualvorsatz in Betracht. Ich sagte außerdem, dass auch die gemäß § 316 II StGB die fahrlässige Begehung strafbar ist. Ich prüfte dann die Schuld und ob eine verminderte Schuldfähigkeit in Betracht kommt (Ab 2,0 + weitere Umstände, absolut ab 3,0). Auf Schuldebene erfolgt die Rück-Rechnung, da ein möglichst hoher Wert für den Täter günstig ist, so dass ein Sicherheitszuschlag von 0,2 + ein Abbauwert von 0,2 je Stunde anzunehmen ist, in unserem Fall lag also zum Tatzeitpunkt ein Wert von 1,7 vor. M war also schuldfähig. Zwischendrin sollte ich aus Sicht der Staatsanwaltschaft prüfen, ob ein hinreichender Tatverdacht vorlag (§ 170 I StPO, Verurteilung wahrscheinlicher als Freispruch) und sagen, ob die Staatsanwaltschaft denn die Beweise würdigt.
Dann sollte mein Mitprüfling weiter die Strafbarkeit des M prüfen und begann mit § 164 StGB durch die Aussage, dass F gefahren sei. Hier kam ich nicht mehr ganz mit und war auch froh, dass ich nicht dran war. Geprüft wurden meine ich Absatz I und II und auch die subjektive Tatseite. Problematisch war auf jeden Fall, ob eine Teilnahme der F an der Handlung des M möglich war, da F keinen anderen, sondern sich selbst belastet hat. Ein eindeutiges Ergebnis konnte glaube ich nicht gefunden werden.
Dann war ich wieder dran und sagte das § 145d StGB formell subsidiär ist. Der Prüfer fragte mich dann, ob dies auf für Absatz II gilt da die Subsidiarität in Absatz I geregelt ist. Ich sagte ja, was auch richtig ist, war aber zu nervös, um es genau zu erklären. Richtig war wohl, dass Absatz II damit beginnt „ebenso wird bestraft wer, … “ und das daraus die Anwendbarkeit zu schließen ist.
Aufgrund der Corona Maßnahmen war die Prüfung dann auch schon vorbei.
Letztlich war es nicht so schlimm wie gedacht, ich wünsche euch viel Erfolg!