Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Baden-Württemberg vom Januar 2017

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem Ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Baden-Württemberg vom Januar 2017. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen:  Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4
Vorpunkte 6,16 1 6,50 1
Zivilrecht 8 9 11 7
Strafrecht 7 8 9 8
Öffentliches Recht 9 10 10 8
Endpunkte 8,00 9,00 10,00 7,66
Endnote 6,71 7,01 7,9 6,55

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: einstweiliger Rechtsschutz nach § 80 V bzw. § 123 VwGO, Erlaubnisvorbehalt im Gaststättenrecht und Grundlagen der Gewerbeordnung (insbesondere Voraussetzungen für die Annahme einer Unzuverlässigkeit)

Paragraphen:  §80 VwGO, §123 VwGO, §40 VwGO, §2 GastG, §15 GewO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort Diskussion, hart am Fall, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

A ist Türsteher einer Bar in Radolfzell, die seinem Vater gehört. Dieser verstirbt jedoch eines Tages überraschend und A möchte den Betrieb der Bar nach dem Tod seines Vaters übernehmen, da er selbst über kein Einkommen verfügt und auch sonst nicht groß vermögend ist. Zu diesem Zweck stellt er bei der entsprechenden Behörde einen Antrag auf Genehmigung. Ihm wird infolgedessen eine zunächst vorläufige Genehmigung bis Ende Mai 2016 erteilt. Anfang Juni 2016 wird der Antrag dann jedoch abgelehnt. A geht zu einem Anwalt und dieser stellt beim Verwaltungsgericht einen Antrag nach § 80 V VwGO.
Wie wird das Gericht entscheiden?
Der Prüfer wollte zunächst allgemein wissen, warum man für den Betrieb einer Bar eine Genehmigung braucht (Gründe wie u.a. Hygiene-Aspekte, alkoholhaltige Getränke werden ausgeschenkt – Stichwort Jugendschutz, Lebensmittelkontrolle). Dann wollte er auch wissen, als was § 2 GastG einzuordnen ist (Erlaubnisvorbehalt) und dies näher erklärt haben, was das genau bedeutet.
Dann sollte mit dem Einstieg in die Prüfung begonnen werden.
Die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges konnte nach § 40 I 1 VwGO relativ schnell und ohne größere Probleme bejaht werden.
Die Zulässigkeitsprüfung begann mit der Frage nach der statthaften Antragsart. Hier kam ein Prüfungskandidat schnell auf § 80 V VwGO, da dies laut Sachverhalt ja auch angegeben war. Der Kandidat erwähnte hier noch nicht die Frage, ob der Suspensiveffekt auch tatsächlich vorliegend entfallen ist (§ 80 II VwGO). Darauf kam der Prüfer später nochmal zurück, bevor es in die Begründetheitsprüfung ging. Es war dann auszuführen, ob ein Fall des § 80 II VwGO vorliegt, was im Ergebnis abzulehnen war. Somit musste § 123 VwGO ins Spiel gebracht werden. Dabei war darzustellen, dass § 80, § 80a VwGO grundsätzlich vorrangig im einstweiligen Rechtsschutz sind, sodass zu erörtern war, welche Klage im Hauptsacheverfahren statthaft wäre. Hier kam man dazu, dass nur eine Leistungsklage in Form einer Verpflichtungsklage in Betracht kam, da dem A eine reine Anfechtungsklage nichts bringen würde. Somit war § 123 VwGO einschlägig. Der Anwalt hat insofern als nicht den statthaften Antrag vor dem Verwaltungsgericht gestellt. Der Prüfer wollte diesbezüglich wissen, was das Gericht machen würde, wenn der Anwalt trotz richterlichen Hinweises auf einen Antrag nach § 80 V VwGO bestehen bleibt. Hier war zunächst nicht so ganz klar, worauf der Prüfer hinaus wollte. Mit der Antwort, dass das Gericht dann den Antrag wegen Unzulässigkeit abweisen würde, war er dann aber offenbar zufrieden.
Daraufhin meinte der Prüfer dann, dass der Anwalt nun also doch dankbar ist für den Hinweis des Richters und ein Antrag nach § 123 VwGO gestellt wird.
Die Antragsbefugnis nach § 42 II analog VwGO war ohne weitere Probleme zu bejahen.
Problematisch war dann aber die Frage, ob ein Vorverfahren durchzuführen sei. Insoweit sollten wir darstellen, welche Meinungen es dazu gibt und mit welchem Ergebnis. Dies ist also ein klassisches Problem im Verwaltungsprozessrecht und wird an dieser Stelle daher nicht extra noch ausführlich dargestellt.
Nachdem der Prüfer keine weiteren Fragen mehr zur Zulässigkeit erörtern wollte, ging es weiter mit der Begründetheitsprüfung. Demnach war Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund zu prüfen.
Als Anordnungsanspruch kam § 2 I 1 GastG in Betracht und im Rahmen des Anordnungsgrundes die Eilbedürftigkeit. Hier wollte der Prüfer, dass die Eilbedürftigkeit mit Argumenten begründet wird (A hat kein Einkommen und sonst kein Vermögen, von dem er leben kann).
Im Anschluss wandelte der Prüfer den Fall noch ein bisschen ab und schilderte noch eine Ziff. 2 in dem Ablehnungsbescheid. Diese sah die sofortige Schließung des Betriebes vor und ordnete darüber hinaus die sofortige Vollziehung an. Als Gründe wurden von der Behörde mehrere Umstände aufgezählt: A habe im privaten Umfeld eine Schlägerei gehabt, als Barmann habe er einmal eine Körperverletzung begangen, er hat zudem Schulden und er hat auch gegen das Nichtrauchergesetz in seiner Bar verstoßen.
Zunächst wurde hier der mögliche Rechtsbehelf besprochen sowie die statthafte Antragsart (hier dann § 80 V VwGO, da in der Hauptsache eine Anfechtungsklage gegen die Ziff. 2 statthaft wäre). Dann kamen wir schnell zur Begründetheitsprüfung und den materiellen Fragen.
Materiell-rechtlich war als Ermächtigungsgrundlage § 15 II 1 GewO zu prüfen. Die Norm hatte der Prüfer aber selbst benannt und meinte dazu, dass hier keine Detailkenntnisse von uns erwartet werden.
Der Prüfer wollte wissen, ob die von der Behörde benannten Gründe jeweils ausreichen, um von einer Unzuverlässigkeit des A auszugehen. Es sprachen Argumente sowohl dafür als auch dagegen. Es gab mehrere vertretbare Meinungen. Der Prüfer war es hauptsächlich wichtig, dass man argumentiert und die Unterschiede der verschiedenen Gründe herausarbeitet.
Dann war die Prüfung pünktlich nach 40 Minuten zu Ende.

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