Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Baden-Württemberg vom Januar 2024

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Endpunkte

9,41

Endnote

11,04

Zur Sache:

Prüfungsstoffaktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Kurze Fälle aus der aktuellen Rechtsprechung des BGH, gestreut über das gesamte Zivilrecht.

Paragraphen: §488 BGB, §812 BGB, §1357 BGB, §819 BGB, §166BGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer hat mit uns zwei Fälle besprochen, wobei der Schwerpunkt auf dem ersten Fall lag. Zum zweiten Fall haben wir mangels Zeit lediglich die möglichen Anspruch-Grundlagen diskutiert.
Fall 1: Im ersten Fall ging es um BGB AT (Stellvertretungsrecht), Schuldrecht und Familienrecht. Die Fälle sind unten angehängt. Der Fall basierte auf BGH, Urteil vom 26.09.2023 – XI ZR 98/22. Zunächst sollten wir einen vertraglichen Anspruch der Bank gegen M auf Darlehensrückzahlung aus Darlehensvertrag prüfen. M handelt nicht selbst. Eine gesetzliche Verpflichtungsermächtigung aus § 1357 BGB scheitert am Handeln im eigenen Namen. Dann kamen wir auf das Handeln unter fremdem Namen zu sprechen. Da es sich vorliegend um eine Identitätstäuschung handelt, waren die §§ 177 ff. BGB analog anzuwenden. Hier war auf die Voraussetzungen einer Analogie einzugehen. Mangels Vollmacht bzw. Rechtsscheinvollmacht kam keine Verpflichtung des M zustande. Im Sachverhalt waren auch Probleme zu Widerruf von Verbraucherdarlehensverträgen bei Ehegatten angedeutet, darauf kamen wir allerdings nicht zu sprechen. Danach prüften wir einen Anspruch auf Werts-Ersatz gem. § 818 II BGB aus Leistungskondiktion. Hier war eine Entreicherung des M gem. § 818 III BGB anzusprechen. Hier war die Frage, ob M verschärft haftet (§ 819 I BGB), weil er sich eventuell die Kenntnis von F analog § 166 I BGB zurechnen lassen muss. Dies war einer der Problemschwerpunkte des Falls und wurde anscheinend vom BGH auch so diskutiert. Letztlich bejahten wir dies. Dann war weiter ein Anspruchsausschluss wegen § 241a BGB zu diskutieren. Dieser scheitert grundsätzlich ebenfalls an der Kenntniszurechnung der F über § 166 I BGB analog. Letztlich war noch eine richtlinienkonforme Auslegung des § 241a II BGB anzusprechen. Diese scheitert an dem eindeutigen Wortlaut der Richtlinie und wäre deswegen contra legem. Hier wollte der Prüfer Rechtsprechungsbeispiele für eine contra legem Auslegung des BGH hören. Dies konnte niemand so richtig beantworten. Beispiele wären wohl § 264 StPO (?) und eine Entscheidung des RG zur Hyperinflation (1923) gewesen.
Fall 2: Im zweiten Fall sollten wir zunächst direkt auf die einschlägige Anspruchsgrundlage springen. Das war ein Anspruch auf Aufwendungsersatz des A gegen H aus §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB. Hier könnte ein auch- fremdes Geschäft vorliegen, wenn der A mit dem Abschleppen zugleich eine Beseitigungspflicht aus § 1004 I 1 BGB erfüllt. Diesen Anspruch haben wir allerdings lediglich angerissen und nicht zu Ende geprüft. Außerdem wurden noch mögliche weitere Anspruchsgrundlagen angesprochen. Das war zum einen § 862 und § 823 I (Besitz als sonstiges Recht) bzw. § 823 II i.V.m. § 858 BGB (§ 858 BGB als Schutzgesetz). Dann war die Prüfung auch zu Ende.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Baden-Württemberg im Januar 2024 Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.