Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Berlin vom Sepember 2017

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem Ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Berlin vom Sepember 2017. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen:  Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Vorpunkte 6,14 5,14 8,7 7,1 5,99
Aktenvortrag 8 6 11 7 12
Zivilrecht 12 8 16 9 12
Strafrecht 10 5 12 10 12
Öffentliches Recht 12 8 11 12 10
Endpunkte 11,33 5,69 9,49 7,97 6,35
Endnote 7,77 5,69 9,49 7,97 6,35

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest, aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Testament, Bahncard-Vertrag, BGB AT, ZPO

(Schiedsgerichtsverfahren), Miteigentum, Bruchteilsgemeinschaft

Paragraphen:  §§1008 BGB, §145 BGB, §741 BGB, §23 GVG, §71 GVG

Paragraphen: hält Reihenfolge ein, lässt Meldungen zu, Intensivbefragung Einzelner

Prüfungsgespräch:

Zunächst stelle der Prüfer wissen nach dem zivilrechtlichen AV einige Fragen. In dem AV ging es um eine Maklerprovision, die in AGB vereinbart wurde.
Der Prüfer stellte zunächst die Frage, welche Arten von Makler es gebe. Dann fragte er, wie es sich auswirke, wenn der Makler einem Investor ein Grundstück vermittelt und sich dann ein Mangel herausstellt. Er wirkte in diesem Gespräch eher streng, man merkte ihm aber an, dass er einem nicht böses will, sondern einfach nur versucht, den Prüfling zu testen.
Im Anschluss an die Aktenvorträge fand unser zivilrechtliches Prüfungsgespräch statt.
Nachdem wir das letzte Protokoll von der Prüfer wissen vom 16.03.2017 gelesen hatten, wo er ankündigte, sein Prüfverhalten anzupassen, waren wir super gespannt, womit er beginnt. Dann fragte er allerdings, ob jemand von uns eine Bahncard habe. Er fragte dann, was für eine Art von Vertrag hier geschlossen werde. Die Kandidatin antwortete „Rabattvertrag“. Er fragte wo dieser Vertrag geregelt sein und wollte darauf hinaus, dass es ein Vertrag sui generis sei.
Dann wollte er wissen, ob ein Widerrufsrecht bestünde, wenn die Bahncard über das Internet verkauft würde. Wir sprachen über § 312 II Nr. 5. Stellten fest, dass Rabatt nicht gleich Personenbeförderung sein und für eine analoge Anwendung keine Regelungslücke bestünde. Allerdings suchte er weiter nach einem alternativen Lösungsansatz. Eine Kandidatin führte an, dass die Bahncard, ja quasi zur Änderung des Entgeltpreises im Rahmen eines Vertrages zur
Personenbeförderung führe und damit zumindest mittelbar diesem Vertrag zuzuordnen sei. Er sagte daraufhin, dass dies wohl der Rechtsauffassung eines LG entspreche.
Dann beendete er den Fall mit den Worten: „So das war’s jetzt mit den Protokollfällen.“
Der Prüfer wissen fragte uns, was Frau Aydan Özoguz im Hinblick auf Gaulands Äußerung, sie sei in Anatolien zu entsorgen, machen könne. Der erste Kandidat prüfte § 1004 als quasinegatorischen Anspruch i.F.d. Beeinträchtigung des APR.
Wir fragten uns, ob und in welcher Form ein Widerruf dieser Äußerung bewirkt werden könnte. Dabei war ihm die Differenzierung zwischen Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung besonders wichtig.
Dann prüften wir § 823 I und er wollte wissen, wie immaterielle Schäden ersetzt werden können.
Er wollte schließlich den Unterschied zwischen Beseitigung und Unterlassung wissen. Außerdem wollte er wissen, wie ein Unterlassungsanspruch „geltend gemacht werden kann“. Hier war § 936 ZPO, die Sicherungsanordung zu nennen. Er wollte die Voraussetzungen für eine solche wissen (Sicherungsanspruch und Sicherungsgrund). Dann sollten die Voraussetzungen in unserem Fall geprüft werden. Schließlich wollte er wissen, ob der Schadensersatzanspruch auf im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht werden kann. Dies war zu verneinen, da es im Hinblick auf diesen Anspruch zu einer Vorwegnahme der Hauptsache kommen würde.
Als nächstes schilderte der Prüfer wissen uns folgenden Fall: Die Eheleute A und B kommen zu ihm in die Kanzlei mit einem handgeschriebenen Testament, in dem sie ihre beiden Kinder als Erben einsetzen. Allerdings wollen sie der Tochter bereits zu Lebzeiten 1.000.000 € zuwenden. Der Sohn soll aber nicht benachteiligt werden. Wie sei das zu bewirken.
Hier war das Voraus/Vorabvermächtnis zu nennen.
Er fragte uns, worum es sich bei dem Berliner Testament handele. Hier wurden Einheits- und Trennungslösung erläutert. Dann fragte er, was die Vor- und Nachteile seien, und für welche Lösung sich die befragte Kandidatin entscheiden würde.
Als nächstes wollte der Prüfer wissen, sich der Gläubiger eines Schuldners, der Miteigentümer eines Grundstücks ist, aus diesem Grundstück befriedigen könne, und wie dies zu bewirken sei. Es war festzustellen, dass es sich um eine Miteigentumsgemeinschaft handelt. Außerdem war zu erläutern, dass jeder Teil einer Bruchteilsgemeinschaft nach § 747 S. 1 BGB die Auflösung der Gemeinschaft verlangen könne und dass nach § 753 BGB die Vorschriften des ZVG zur Anwendung kommen.
Als nächstes schilderte der Prüfer wissen uns einen recht komplizierten Fall, der sich aber in den §§ 164 ff. BGB abspielte. Eine deutsche GmbH hat eine holländische BV als Muttergesellschaft, deren Muttergesellschaft wiederum von einer deutschen AG ist. Die GmbH soll im Wege eines Unternehmenskaufs von einem Investor „erworben“ werden. Hierfür handeln der Vorstand der deutschen AG und der Investor ein Termsheet aus, in dem vereinbart wird, dass bei scheitern der Vertragsverhandlungen ein Betrag i.H.v. 150.000 € an den Investor zu zahlen ist. Dieses Termsheet wurde nicht unterzeichnet.
Zunächst ging es um die Formwirksamkeit. Er wollte die Begriffe deklaratorisches und konstitutes Formerfordernis hören. Außerdem fragte er uns, was der Sinn eine Unterschrift sei. Wir kamen zu dem Ergebnis, dass der „Vertrag“ zu seiner Wirksamkeit keiner Unterschrift bedürfe.
Schließlich wollte er wissen, mit wem der Vertrag zustande gekommen sei und von wem der Investor die 150.000 € verlangen könnte. Es war § 164 zu prüfen, wobei das Offenkundigkeitsprinzip zu problematisieren war. Dann bat er eine Kandidatin den § 164 II zu erklären.
Wir sprachen über das Schiedsverfahren (§§ 1025 ff. ZPO). Er wollte wissen, was man mit einem Schiedsurteil machen könne. Hier wurde § 1060 ZPO genannt. Ihm war es wichtig herauszuarbeiten, dass das Schiedsurteil für vollstreckbar erklärt werden muss.
Am Ende fragte er uns, ob ein Notar, der gleichzeitig Rechtsanwalt ist, und eine Partei i.R.d. Erwerbs eines Grundstücks beraten hat, den GrundstücksKV notariell Beurkunden darf. Hier war § 3 I Nr. 7 BeurkG zu nennen. Schließlich wollte er wissen, ob ein derart beurkundeter GrundstücksKV wirksam sei.
Der Prüfer wissen stellt anspruchsvolle und untypische Fragen, die aber mit einer guten Grundlagenkenntnis zu schaffen sind. Ich würde euch empfehlen, Erbrecht und ein wenig Familienrecht zu lernen. Hierbei genügt es das kleine Hemmer Basic Skript für Familien- und Erbrecht durchzuarbeiten. Mit diesem Wissen könnte ihr seine Fragen beantworten.