Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Hamburg vom September 2023

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Endpunkte

7,56

Endnote

8,25

Zur Sache:

Prüfungsstoff:  protokollfest

Prüfungsthemen: Schülerin bei FFF-Demo, Antrag auf Schulbefreiung, Verwaltungsrecht AT, Eilrechtsschutz, Ermessen, unbestimmte Rechtsbegriffe

Paragraphen: §123 VwGO, §8 GG, § 35 LVwVfG

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer stieg nach ein paar ermutigenden Worten mit einem Fall ein: eine französische Schülerin (die auf eine deutsche Schule geht) findet Klimaschutz wichtig und beantragt mit Zustimmung ihrer Eltern die Befreiung vom Unterricht für jeden kommenden Freitag, um auf die FFF Demos zu gehen. Die Schuldirektorin lehnt den Antrag allerdings ab, weil die Funktionsfähigkeit des Unterrichts nicht gewährleistet sei, wenn dauernd jemand fehle. Außerdem ist sie der Meinung, Politik sei etwas für Erwachsene und nicht für Schüler. die Schülerin möchte gerne gegen die Ablehnung vorgehen. Wie kann sie das machen? Zunächst einmal haben wir Möglichkeiten des Rechtsschutzes, auch des Eilrechtsschutzes zusammengetragen. Es ging um die Frage, ob es sich bei der Befreiung um einen VA handelt, hier sollte erörtert werden, ob die Befreiung Außenwirkung hat. das ist bei Sonderrechtsverhältnissen problematisch, was wir zu seiner Zufriedenheit erörterten. dann stiegen wir in die saubere Abgrenzung der statthaften Antragsart ein. hier sagte ich Stichworte wie Subsidiarität nach § 123 V VwGO und dass die Schülerin nicht nur die Ablehnung aufheben, sondern die Befreiung erhalten will und daher das Verpflichtungsbegehren das rechtsschutzintensivere ist. Dann setzten wir die Prüfung fort, übersprangen aber ein paar Prüfungspunkte in der Zulässigkeit. es ging dann um die Begründetheit. hier sollte zunächst die richtige AGL gesucht werden und der Prüfer wollte wissen, warum es eine solche überhaupt geben muss. (hier erörterten wir den Gesetzesvorbehalt und die Abgrenzung von Eingriffs- und Leistungsverwaltung). ein Mitprüfling kam dann auch auf die AGL im Hamburger Schulgesetz (§ 39 II). wir sollten dann den Tatbestand durchprüfen. dabei stießen wir auf die VSS „wichtiger Grund“. Der Prüfer wollte wissen, was das ist. er wollte auf den unbestimmten Rechtsbegriff hinaus. wir erörterten, ob dieser gerichtlich überprüfbar ist und wann ein Beurteilungsspielraum vorliegt, dass das hier aber nicht der Fall ist. dann sollten wir das Vorliegen eines wichtigen Grundes prüfen, hier die Betroffenheit der Versammlungsfreiheit. außerdem folgte eine Abwägung, hier wollte der Prüfer einfach ein paar Argumente hören und fragte verschieden Prüflinge spezifisch zu den Gründen, die die Schulleiterin der Befreiung entgegenhielt und ob diese tauglich sind, bzw. was wir davon hielten, also ob es reicht, dass die Schulleiterin sagt, dass Politik was für Erwachsene ist und was wir zu der Gewährleistung des Unterrichts sagen (zum Beispiel, dass natürlich nicht jeden Freitag alle Schüler fehlen können, das man dafür aber ein System entwickeln könnte). dann ging es noch um das Ermessen in der AGL und zur Abgrenzung von ermessen und unbestimmten Rechtsbegriffen. am Ende wurden noch ein paar prozessuale Fragen gestellt, nämlich wie sich die Schülerin gegen ein verwaltungsrechtliches urteil bzw. gegen den Beschluss im Eilrechtsschutz wehren kann.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hamburg im September 2023. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.