Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Hessen im Januar 2016

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen im Januar 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Vorpunkte 10,5 8 7,8 5 5
Zivilrecht 14 12 12 9 9
Strafrecht 15 14 11 9 10
Öffentliches Recht 13 13 11 7 10
Endpunkte 42 39 34 25 29
Endnote 11,6 9,6 9,1 6,1 6,5

Zur Sache:

Prüfungsstoff:

Prüfungsthemen: Mietrecht und Schadensrecht

Paragraphen: §535 BGB, §536 BGB, §537c BGB, §311a BGB

Prüfungsgespräch: verfolgt Zwischenthemen


Prüfungsgespräch:

Der Prüfer hielt seine Worte des Vorgesprächs ein und begann mit der Frage nach der Privatautonomie. Es wurde daraufhin zunächst die Vertragsfreiheit genannt. Er wollte wissen, ob die Vertragsfreiheit grenzenlos gesichert sei oder ob es möglicherweise Einschränkungen gebe. Es wurden dazu die AGB und ein teilweise bestehender Kontrahierungszwang genannt. Als weitere Bestandteile der Privatautonomie wurden das Widerrufsrecht als Gestaltungsrecht, die Testierfreiheit und die Eigentumsfreiheit genannt. Im weiteren Verlauf fragte der Prüfer nach den geschichtlichen Wurzeln der Privatautonomie und ob diese schon immer im BGB gesichert war. Wir kamen daher auf den Zustand der Rechtszersplitterung vor dem BGB zu sprechen und auf den code civil. Der Prüfer wollte dabei hören, dass der code civil nur in den linksrheinischen Gebieten und nicht in Frankfurt galt. Damit war der allgemeine, historisch geprägte Einstieg der Prüfung beendet.

Im zweiten Schritt wurde uns folgender Fall geschildert:

V möchte eine Altbauwohnung an M im Frankfurter Westend vermieten. M möchte diese Räume zum Aufbau seiner Rechtsanwaltskanzlei nutzen. Einer Nutzung des Gebäudes als Gewerbe stehen allerdings öffentlich-rechtliche Vorschriften der Stadt Frankfurt entgegen. M kann die Räume daher vor Überlassung nicht gewerblich nutzen und verlangt von V Schadensersatz auf Erstattung seines entgangenen Gewinns.

Die Prüfung begann mit einem Anspruch des M gegen V aus § 536a I 1. Alt. BGB. Der dafür vorliegende Mietvertrag gemäß § 535 BGB als entgeltliche Gebrauchsüberlassung wurde bejaht.

Der Prüfer fragte an dieser Stelle kurz nach dem Charakteristikum eines synallagmatischen Vertrages. Es wurden die §§ 320, 321, 323 BGB erläutert und der Mietvertrag an sich mit seinen Hauptleistungspflichten dargestellt. Anschließend musste die Überlassung der Mietsache geprüft werden, da das Mietrecht vor Überlassung der Mietsache grundsätzlich nicht anwendbar ist. An dieser Stelle hielten wir uns sehr lange auf. Es wurden die Schadensersatzansprüche des allgemeinen Teils (§§ 280 I, III, 283 BGB und § 311 a II BGB) aufgrund der entgegenstehenden öffentlich rechtlichen Vorschriften an geprüft und abgelehnt. Wir kamen daher zurück auf § 536a I 1.

Alt. BGB und beschäftigten uns mit einer möglicherweise analogen Anwendung. Hierbei wollte der Prüfer die grundsätzlichen Voraussetzungen einer Analogie hören. Nachdem wir zu dem Ergebnis gekommen sind § 536 a BGB als Anspruchsgrundlage zu verwenden und der Prüfer damit einverstanden war kamen wir zu dem Mietmangel als dritte Voraussetzung. Dabei sollte auf § 536 BGB verwiesen werden. Es war im weiteren Verlauf darzustellen, dass es sich bei § 536 a I 1. Alt BGB um einen Fall der Garantiehaftung handelt und ein Verschulden nicht zu prüfen ist. Nachdem keine Ausschlusstatbestände nach §§ 536 b, 536 c BGB einschlägig waren kamen wir zu der Ersatzfähigkeit des Schadens nach § 249 ff. BGB. Hierbei wollte der Prüfer zunächst die Ersatzfähigkeit eines Schadens allgemein erläutert haben und es wurden daher die einzelnen Paragraphen (§§ 249 I, II, 251, 252 BGB) durchgesprochen. Anschließend wurde nach weiteren Möglichkeiten der Schadensberechnung gefragt und die im Delikstrecht bestehende dreifache Art der Schadensberechnung und die Linzenzanalogie genannt. Zudem wurde kurz auf einen Anspruch aus §§ 687 II, 678 BGB im Rahmen des Entleihergewinns eingegangen. Im Ergebnis konnte M mangels bereits begonnener Tätigkeit keinen Anspruch auf entgangenen Gewinn geltend machen.

Der Prüfer entwickelte den Fall noch etwas weiter. Wir sollten von einer Überlassung der Mieträume und einem Betreiben der Rechtsanwaltskanzlei des M ausgehen. M lässt in einer warmen Sommernacht das Fenster der Kanzlei geöffnet. Es kam wie es kommen musste und ein heftiger Platzregen zog über Frankfurt. Das Parkett der Kanzlei wurde daher nass und M unterlies die Mängelanzeige. Es entstand daher ein Schaden in Höhe von 3000 €. Es sollte hierbei Schadensersatzansprüche des V gegen M geprüft werden. Die Prüfung begann mit § 536 c II BGB. Der dafür vorausgesetzte Mietvertrag wurde bejaht. Darüber hinaus bestanden ein Mangel und eine diesbezügliche Anzeigepflicht. Der Prüfer kam hierbei nochmals auf die Haupt-, Nebenleistungs-, und Nebenpflichten zu sprechen. Er wollte hören, dass es neben diesen Pflichten auch noch Obliegenheitspflichten beispielsweise aus § 377 HGB gibt. Problematisch war der Prüfungspunkt des Verschuldens. Dem Wortlaut nach verlangt § 536 c II BGB kein Verschulden.

Allerdings kann ein Verschulden aus § 536 c I BGB „unverzüglich“ entnommen werden und es ist auf die allgemeine Vorschrift des § 276 BGB zu verweisen. Hierbei musste das Verschuldensprinzip genannt werden. M handelte zumindest fahrlässig und ein Anspruch aus § 536 c II BGB war zu bejahen. Damit war die Prüfung beendet. Weiter Ansprüche beispielsweise aus dem Deliktsrecht konnten wir daher aus Zeitgründen nicht mehr prüfen.

Insgesamt ist der Prüfer ein sehr angenehmer Prüfer. Er lacht viel und gibt jedem Prüfling die Chance sich zu erklären. Seine Benotung war fair und dem Niveau angemessen.

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