Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Berlin im Mai 2018

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Berlin im Mai 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Versicherungsrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Vorpunkte 7,42 1 1 1 1
Aktenvortrag 8 6 9 12 11
Zivilrecht 13 9 11 10 15
Strafrecht 11 9 11 10 9
Öffentliches Recht 10 10 10 10 10
Endpunkte 1 1 1 1 1
Endnote 8,45 6,11 8,8 9,63 9,1

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Instanzenzug, Wiedereinsetzung, Immisionsschutz, Straßenverkehrsdelikte

Paragraphen: §233 ZPO, §72 GVG, §823 BGB, §906 BGB, §7 StVG

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort Diskussion, hart am Fall

Prüfungsgespräch:

Zu Beginn wurde die letzte Frage aus dem Vertiefungsgespräch wieder aufgegriffen. Dieses Mal in dieser Version: Es ergeht ein Urteil des Amtsgerichts Mitte. Dieses Urteil (Klageabweisung) wird dem späteren Mandanten (Kläger) am 23.02.2017 zugestellt. Die Rechtsbehelfsbelehrung besagt, dass schriftlich mit rechtsanwaltlichem Schriftsatz bei Amtsgericht Mitte Berufung eingelegt werden kann. Am 22.03.2017 wird das Mandat erteilt mit der Aufforderung, Berufung einzulegen. Der Anwalt weist die stets zuverlässig arbeitende und sorgsam ausgewählte ReNo an, alles vorzubereiten. Diese fertigt weisungsgemäß den erforderlichen Schriftsatz an und adressiert ihn an das Amtsgericht Mitte. Der Anwalt unterzeichnet den Schriftsatz und dieser geht bei AG Mitte ein. Wenige Tage bemerkt der Anwalt seinen Fehler – was tun? Unsere Antworten und Überlegungen:

  • Frist gem 175 ZPO abgelaufen
  • 72 GVG: Berufung an LG, nicht AG, 511 ZPO
  • Widereinsetzung möglich? 236 BGB
  • Glaubhaftmachung gem. 920 II, 294 ZPO
  • Vermutungsregelung 233 S.2ZPO, auch wenn anwaltlich vertreten?

Dann wurde folgender Fall geschildert: Es wohnen A und B in zwei benachbarten Häusern. Der B beauftragt ein bekanntes und zuverlässiges Unternehmen mit der Durchführung von Dacharbeiten. Diese werden von einem sorgsam ausgewählten Mitarbeiter (D) durchgeführt. Dabei kommt es zu einem Brand, der auf das Nachbarhaus übergreift und das Haus brennt komplett nieder. Es entsteht ein Schaden in Höhe von 200.000€. Was ist zu tun?

  • Ansprüche des A gegen den D? Vertraglich? (-), vertragsähnlich? (-), VSD? Passt nicht, 823 I wohl(+)
  • Ansprüche des A gegen den B? Vertraglich? (-), vertragsähnlich? Nachbarschaftsverhältnis? 242?

(-), Ausgleichsanspruch aus 906 II S.2? direkt (-), weil keine Duldungspflicht besteht, dann 906 II S.2 BGB analog wegen faktischer Duldungspflicht, Störereigenschaft iSv 1004? Zustandsstörer – Gesamtschuldner? Gem. 840 I BGB
Der Fall wurde dieses Jahr vom BGH entschieden: BGH-Urt. v. 09.02.2018, Az. V ZR 311/16
Anschließend besprachen wir einen weiteren Fall: Es kommt zu einem Verkehrsunfall, bei dem Motorradfahrer M. verletzt wurde. Es wurde auch sein Motorrad beschädigt. Das Motorrad wurde 3 Wochen lang repariert und konnte während dieser Zeit nicht genutzt werden. Der M. hat kein Ersatzfahrzeug gemietet, möchte aber Schadensersatz für die entgangene Nutzung von dem Schädiger.

  • AGL 7 StVG und/oder 18 StVG
  • Schadensersatz gem. 249ff BGB? Grds nicht, wenn kein Schaden entstanden ist, hierproblematisch, weil keine Kosten für Alternative angefallen sind
  • Wie ist es bei Autounfall, wenn Auto ausfällt?
  • Möglich ist Schadensersatz ausnahmsweise bei zentralen Lebensgütern nach Kommerzialisierungstheorie, Nutzungswille und -möglichkeit?
  • Abwandlung: Wenn M. aber neben dem Motorrad auch noch ein Auto hätte und dieses Verwenden könnte? Nach unserer Argumentation eher kein Anspruch auf Schadensersatz, Schadensminderungspflicht, Ausuferung der Haftung

Maßgebliche Norm ist 253 BGB