Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Hessen im Februar 2018

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen im Februar 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Vorpunkte 5,5 6,5 7,3 6,4 4,0
Zivilrecht 7 9 8 6 7
Strafrecht 7 10 8 7 8
Öffentliches Recht 7 9 9 7 8
Endpunkte 7 9 8 7 8
Endnote 6 7 8 5 7

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Verwaltungsrecht AT, Verwaltungsprozessrecht

Paragraphen: §§48 LVwVfG, §49 LVwVfG, §21 LVwVfG

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort Diskussion, lässt Meldungen zu, verfolgt Zwischenthemen

Prüfungsgespräch:

Die Prüferin begann die Prüfung mit dem Vorlesen eines Falles, der die gesamte Prüfung abdecken sollte.
Es handelte sich dabei um folgenden Sachverhalt:
Der Lokalbetreiber A, der in dem Bundesland Hessen ansässig ist, möchte eine Terrasse bauen. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Land Hessen zur Förderung der Tourismusbranche ein Gesetz erlassen. In Art. 5 wurde folgendes geregelt: Notleidende Tourismusbetriebe können für Investitionen einen Zuschuss i.H.v. 5.000€ erhalten. Der A, dessen Geschäfte nicht gut laufen, beantragt einen solchen Zuschuss. Eisverkäufer E beantragt ebenfalls einen Zuschuss beim Landratsamt, um sich einen neuen Eiswagen kaufen zu können. E und A werden von F zur Anhörung vorgeladen, da der von beiden begehrte Zuschuss nur noch einmal vergeben werden kann. A und F sind enge Freunde und so kommt es, dass der A im Rahmen der Anhörung den vollen Zuschuss i.H.v. 5.000 € bekommt und E vollständig leer ausgeht. Mit dem Zuschuss baut der A seine neue Terrasse. Inzwischen kommen dem F allerdings Bedenken auf, sodass er über eine Änderung nachdenkt.
Die Fallfrage lautete: Was kann F tun?
Die Prüferin ließ den von ihr vorgelesenen Sachverhalt von einem Prüfling nochmals zusammenfassen. Nachdem der Sachverhalt zusammengefasst worden war, übergab die Prüferin die Prüfung einem anderen Prüfling. Der Prüfling schilderte, dass man an eine Aufhebung denken könne. Daraufhin wurden die §§ 48, 49 VwVfG herangezogen. Zunächst sollten die §§ 48, 49 VwVfG abstrakt erläutert werden. Im Rahmen der Erläuterung wurde die Differenzierung zwischen rechtmäßigen und rechtswidrigen Verwaltungsakten hervorgehoben. Danach wurde wieder zum Fall Bezug genommen und die Frage beantwortet, welche Norm konkret für eine Aufhebung in Frage käme. Hier wurde § 48 VwVfG genannt und es wurde geprüft, ob ein rechtswidriger Verwaltungsakt vorliegt. Hier wurde zunächst problematisiert, ob überhaupt ein Verwaltungsakt vorliegt. An dieser Stelle wurde § 35 VwVfG genannt und näher geschildert. Der Prüfling kam zu dem Ergebnis, dass ein Verwaltungsakt vorliegt. Die Prüfung wurde sodann an einen anderen Prüfling weitergegeben. Dieser hat die Rechtsmäßigkeit geprüft. Der Verwaltungsakt (Erteilung des Zuschusses) wäre rechtmäßig, wenn er auf einer wirksamen EGL beruht und sowohl formell als auch materiell rechtmäßig ist. Problematisch war, ob Art. 5 eine wirksame EGL für den Zuschuss darstellt. Dabei wurde eine formelle Rechtswidrigkeit des Art. 5 in Betracht gezogen, da das Land möglicherweise nicht zuständig sein könnte. Diese Problematik nahm die Prüferin zum Anlass, die Regelungen zur Gesetzgebungskompetenz (Art. 70 ff. GG) und deren Systematik näher abzufragen. Es wurde festgestellt, dass das Land die Kompetenz zum Erlass des Gesetzes hatte und somit mit Art. 5 eine wirksame EGL vorgelegen hat. Daraufhin wurde die formelle Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes überprüft. Problematisch war, dass A und F eng befreundet waren. Hier wollte die Prüferin, dass die Prüflinge an § 21 VwVfG denken. Ein Verstoß gegen § 21 VwVfG lag in unserem Fall jedoch nicht vor, sodass die formelle Rechtmäßigkeit des VAs zu bejahen war. Als eine Art Exkurs zu unserem Fall wurde die Frage gestellt, welche Konsequenzen es für die Falllösung hätte, wenn ein Fall von § 21 VwVfG vorliegen würde. Hier wollte die Prüferin an § 46 VwVfG anknüpfen und diesen näher behandeln. Nachdem Ausführungen zu § 46 VwVfG getätigt wurden, ging es mit der materiellen Rechtmäßigkeit weiter. Die Voraussetzungen für einen Zuschuss lagen zwar vor, allerdings handelte der Sachbearbeiter ermessensfehlerhaft, da er sachfremde Erwägungen heranzog (Hier hatte ein Prüfling zuvor die drei verschiedenen Arten eines eventuellen Ermessensfehlers erläutert). Weiter ging es mit der Prüfung des § 48 II VwVfG, da ein begünstigender Verwaltungsakt vorlag, der eine Geldleistung zum Gegenstand hatte. Die Prüferin kam es dabei auf die genaue Prüfungsreihenfolge im Rahmen des § 48 II VwVfG an. Die Prüfung des § 48 II VwVfG erfolgte sehr ausführlich.
Mit dem Ende der Prüfung des § 48 II VwVfG endete auch die Prüfung.