Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Brandenburg im März 2018

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Brandenburg im März 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2
Vorpunkte 8,4 7,8
Aktenvortrag 9 11
Zivilrecht 9 9
Strafrecht 10 11
Öffentliches Recht 8 9
Endpunkte 8,7 8,2
Endnote 8,7 8,2

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen: Kündigungsgründe

Paragraphen: §611 BGB, §627 BGB, §314 BGB, §626 BGB, §648 BGB

Prüfungsgespräch: Diskussion, hält Reihenfolge ein, Intensivbefragung Einzelner, hart am Fall

Prüfungsgespräch:

Wie bereits angedeutet und sich aus den Protokollen ergibt, behandelt die Prüferin ausschließlich Fälle aus dem Schuldrecht mit Einschlägen aus dem allgemeinen Teil des BGB. Vorweg weise ich noch einmal darauf hin, dass fundierte Kenntnisse nicht wirklich weiterhelfen, es vielmehr auf den Fall ankommt, den Sie einem vorlegt. Wir mussten uns mit einem „Klassiker“ (Ihre Worte) auseinander setzen. Es ging um folgenden Fall: A schloss mit einer Partnervermittlung einen Nutzungsvertrag ab, in dem sich die Agentur dazu verpflichtete, ein Foto sowie ein Video von dem A aufzunehmen und ihm Nutzungsrechte auf der Plattform einräumte. Das Foto kostete 10€, das Video 25 €. Die Rechnung betrug am Ende 4000€, der Großteil ging somit für die Nutzungsrechte auf der Plattform drauf. In dieser Kenntnis unterschrieb der A den Vertrag, zahlte das Geld und entschloss sich ein paar Wochen später, sich von dem Vertrag lösen zu wollen, da ihm das doch zu teuer gewesen ist.
Der erste Prüfling prüfte § 138 I (und dann noch II) BGB an. Das wurde von uns schnell verneint. Auch den Widerruf mangels Widerrufsgrund (-situation) lehnten wir schnell ab. Schlussendlich redeten wir ungefähr 30 Minuten über Kündigungsgründe aus dem BGB. Es stellte sich heraus, dass der A seine Kündigung auf § 627 BGB stützen kann, da es sich bei diesem Vertrag um Dienste höherer Art handeln würde. Als ich im Laufe der Prüfung zufällig auf den Paragraphen stieß, lehnte ich die Anwendbarkeit relativ schnell ab. Ich führte aus, dass Dienste höherer Art typischerweise solche von Ärzten, Rechtsanwälten oder Steuerberatern seien. Kurz überlegte ich laut und somit für die Prüferin hörbar, dass eine Ehevermittlung in gewisser Weise auch besonderes Vertrauen verlangt, der konkrete von der Prüferin geschilderte Sachverhalt aber keine eindeutigen Hinweise enthielt. Weiter führte ich aus, dass in Zeiten von Lovoo/Tinder etc. ein solcher Dienst kein Dienst höherer Art sein kann. An dieser Stelle zeigt sich gut, dass die Prüferin die Prüfung wirklich nicht lenkt. Meines Erachtens nach hätte sie dort einhaken müssen mit dem Hinweis, dass ihr Sachverhalt vor 30 Jahren spielte. Als ich § 627 BGB dann relativ schnell ablehnte wirkte sie erstaunt, verstand das nicht so wirklich und gab die Frage weiter. An dieser Stelle gehe ich noch einmal auf den Aktenvortrag ein, da sich auch dort eine ähnlich ungünstige Situation ergab. Sie warf mir tatsächlich vor, einen entscheidenden Punkt in meinem Vortrag nicht genannt zu haben, obwohl ich ganz genau weiß, dass ich diesen einen Punkt problematisierte. Das wirkt doch sehr willkürlich und darf in so einer wichtigen Prüfung einfach nicht passieren.
Zudem fiel mir während des Aktenvortrages auf, dass sie die neue Rechtsprechung zur analogen Anwendbarkeit des § 630h BGB nicht kennt.
Dass ihre Worte aus dem Vorgespräch nicht so wirklich stimmen, macht diese Prüfung auch deutlich.
Kreative Ansätze meiner Mitprüflinge und mir (unter anderem A über die cic durch die Naturalrestitution zu helfen) wurden nicht honoriert, vielmehr schnell unterbunden, damit wir uns wieder auf die Kündigungsgründe konzentrieren. Meiner Meinung nach ein ungeeignetes Thema für eine Prüfung, da das Vorlesen und subsumieren von Kündigungsgründen juristische Kompetenz und Systemverständnis nicht wirklich wieder spiegeln können. Wichtig ist noch, dass sie es gut gefunden hätte, wenn wir jeden Kündigungsgrund vorgelesen und dann dazu etwas gesagt hätten.
Alles in allem war dies eine eher unfaire Prüfung. Die Prüferin gibt einem keine Möglichkeit sich wirklich zu verbessern, orientiert sich an der Vornote und weicht wenig (maximal 1 Punkt Steigerung war in unserer Gruppe drin) bis überhaupt nicht von dieser ab. Das ist wirklich sehr frustrierend, vor allem, wenn man mitbekommt, wie andere Prüfungen mit solchen Vornoten, wie wir sie in der Gruppe hatten, ablaufen.