Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Hessen im Dezember 2017

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen im Dezember 2017. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 6,16
Zivilrecht 10
Strafrecht 9
Öffentliches Recht 11
Endpunkte 10
Endnote 7,44

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen:  Bewerberauswahl im öffentlichen Dienst, Abgrenzung, Verwaltungsvorschriften, formelle und materielle Gesetze, Verfassungsgeschichte, Zuständigkeiten Bundesminister und Koalitionsvertrag (Glyphosat-Fall), GO-BReg, Rechtsnormen im EURecht

Paragraphen: §12 GG, §3 GG, §33 GG, §65 GG

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort Diskussion, lässt Meldungen zu, Intensivbefragung Einzelner

Prüfungsgespräch:

Die Prüfung begann mit dem Fall, dass durch eine Verwaltungsvorschrift die Zulassung zum Polizeidienst u.a. davon abhängig war, dass eine Mindestkörpergröße von 1,65m bestand. Dies sollte man so unabhängig von der tatsächlichen Rechtslage hinnehmen. Der Bewerber P war kleiner als 1,65m und wurde deshalb vom Bewerbungsprozess für den Polizeidienst ausgeschlossen. Gefragt war welche Rechte aus dem Grundgesetz des P nun verletzt sein könnten.
Gesammelt wurden zunächst die Art. 12, 3 und 33 GG. Bei Art. 3 GG wollte er keine systematische Grundrechtsprüfung, sondern es sollte erschlossen werden woraus sich eine Diskriminierung des P ergibt und ob diese ggf. gerechtfertigt sein könnte, d.h. ob es einen sachlichen Grund gibt. Diese Frage wollte er allgemein diskutiert haben, ohne dass es auf ein bestimmtes Ergebnis oder eine bestimmte Meinung ankam.
Als nächstes ging er auf Art. 33 II GG ein. Zunächst sollte das Verhältnis zu Art. 3 GG und die Rolle des Art. 33 GG geklärt werden. Dabei sollte genannt werden, dass es sich um ein grundrechtsgleiches Recht handelt und es auch im Rahmen von Art. 93 I Nr. 4a GG vor dem Bundesverfassungsgericht geltend gemacht werden kann.
Als nächstes kam die Frage auf was eine Verwaltungsvorschrift ist. Diese musste in die Rangordnung der Gesetze eingeordnet und zu formellen und materiellen Gesetzen angegrenzt werden. Im Ergebnis wurde darauf abgestellt, dass es sich bei einer Verwaltungsvorschrift nicht um ein Gesetz handelt. Dies musste dann wieder auf den Fall angewendet werden. Dann kam die Frage auf, ob eine Verwaltungsvorschrift ein Grundrecht einschränken kann und in diesem Zusammenhang die Bedeutung von Schranken und vorbehaltlosen Grundrechten erörtert. Dabei kamen wir dann auch auf die Wesentlichkeitstheorie zu sprechen und die Frage, ob Art. 3 GG überhaupt einschränkbar ist. Dazu wollte der Prüfer jedoch nur Argumente hören.
Als nächstes kam die Frage seit wann es in deutschen Verfassungen Grundrechte gibt und die deutschen Verfassungen (Weimarer Reichsverfassung, Reichsverfassung von 1871, Pauls Kirchenverfassung) musste aufgezählt werden und wir mussten uns erschließen welche dieser Verfassungen keinen Grundrechtskatalog hatte (Rechtsverfassung von 1871).
Als nächstes kam der Fall, dass sich der Bundeslandwirtschaftsminister mit der Bundeskanzlerin über dessen Abstimmungsverhalten im Glyphosat-Fall stritt. Verfassungsrechtlich musste dabei auf Art. 65 S. 3 GG abgestellt werden. Er wollte wissen welche Art von Absprachen es in Regierungen gibt und wollte dort v.a. auf den Koalitionsvertrag hinaus. Wir sollten sagen was ein Koalitionsvertrag ist und ob er eine rechtliche oder politische Bindung entfaltet. Dies sollten wir wieder diskutieren. Auch wurde gefragt, ob aktuell der alte Koalitionsvertrag aus der letzten Legislaturperiode noch gilt und woraus sich eine geschäftsführende Regierung ergibt.
Anschließend wurde auf Verletzungen der GO-BReg eingegangen, wir mussten herausarbeiten, um was es sich rechtlich bei der GO-BReg handelt (Verwaltungsvorschrift) und dass sie in Art. 65 S. 4 GG festgelegt ist.
Zum Schluss ging es noch um die Rechtsformen, die es in der EU gibt. Diese sollten wir aufzählen, den Art. 288 AEUV nennen und zwischen Primär- und Sekundärrecht unterscheiden. Er fragte dann noch welche Rechtsform in Frage käme, wenn es keine nationale Umsetzung mehr geben soll (Verordnung oder Beschluss)
Insgesamt war es eine faire Prüfung und auch wenn ihm eine gewisse Vornotenorientiertheit nachgesagt wird, konnte ich das bei mir ganz und gar nicht bestätigen.