Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Niedersachsen vom Juni 2016

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Niedersachsen im Juni 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsfach:  Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4
Vorpunkte 6,33 4,75 5,5 5,5
Aktenvortrag 18 18 18 18
Zivilrecht 9 9 8 10
Strafrecht 12 10 8 13
Öffentliches Recht 13 10 9 12
Endnote 8,13 6,52 6,57 7,72

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen: KG, GmbH, Dienstvertrag, Besitzschutz

Paragraphen: §861 BGB, §611 BGB, §985 BGB, §858 BGB, §161 HGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, Diskussion, Intensivbefragung Einzelner, verfolgt Zwischenthemen, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

G arbeitet an der Garderobe für das private Theater der T GmbH & Co.KG. Die Mitarbeiter der T sind angewiesen gefundene Sachen an den zuständigen Mitarbeiter abzugeben. Eines Abends findet G ein goldenes Feuerzeug. Dieses legt sie zunächst in ihren Spind und vergisst es dann. Einige Zeit später (Tage/Wochen – das weiß ich nicht mehr genau) sieht sie es dort wieder, beschließt, dass sie es gerne für sich hätte und fragt bei dem zuständigen Mitarbeiter nach, ob sich jemand deswegen gemeldet hat. Dieser verneint das und verlangt das Feuerzeug heraus.

G geht mit Feuerzeug zum Fundbüro und fragt auch dort, ob sich niemand gemeldet hat, in der Hoffnung, dass sie es am Ende behalten kann. (Bei dem Fundbüro-Teil bin ich mir nicht mehr ganz sicher wie es exakt war)

Es ging damit los, dass wir über die T GmbH & Co.KG gesprochen haben: worum es sich dabei handelt, (Kommanditgesellschaft), wo Kommanditgesellschaften geregelt sind (§161 ff. HGB), wie die Gesellschaft selbst haftet und wen es neben dem Kommanditisten noch immer gibt und wie dieser haftet (Komplementär, persönlich; nicht nur bis zur Höhe der Einlage wie der Kommanditist). Dann ging es weiter mit der GmbH und deren Haftung (→ beschränkte Haftung). Als nächstes wurde gefragt, ob die GmbH besitzen kann (durch ihre Organe → in Vertretung, §35 GmbHG) und ob die GmbH rechtsfähig ist (ja, nach §13 I GmbHG).

Wir hatten uns alle vorwiegend entsprechend der Protokolle vorbereitet (zumindest ich habe extrem viel ZPO, Sachen- und Bereicherungsrecht gelernt) und waren daher nicht wahnsinnig fit in diesem Bereich, auch wenn es trotzdem nicht stockte. Der Prüfer beruhigte uns zwischendurch aber auch, indem er sagte, dass wir das HGB gleich wieder verlassen würden.

Wir kamen dann zum Fall und begannen damit einen Anspruch aus dem Vertrag zu prüfen. Zunächst überlegten wir, ob sich ein solcher aus den Vorschriften der §611 ff. BGB ergab, verwarfen das jedoch recht schnell und nahmen dann einen Herausgabeanspruch aufgrund der expliziten Weisung an (Stichwort: Weisungsrecht/-befugnis (!) des Arbeitgebers).

Als nächstes prüften wir §985 BGB, lehnten diesen aber rasch mangels Eigentums ab. Wir gingen in diesem Zusammenhang auf den §973 BGB und den Eigentumserwerb durch den Fund ein, stellten aber fest, dass die Voraussetzungen nicht vorlagen. Dann sprachen wir noch kurz die Möglichkeit des Eigentumserwerb an einer herrenlosen Sache an, verwarfen aber auch die Herrenlosigkeit sehr schnell aufgrund der fehlenden Eigentumsverzichtsabsicht des Eigentümers (§959 BGB).

Sodann prüften wir einen Anspruch aus §861 BGB, stellten fest dass dieser nur den unmittelbaren Besitzer schützt, diskutierten den §869 BGB und erläuterten was den Besitzdiener ausmacht und was für ein Abhängigkeitsverhältnis für ihn zu fordern ist. Weiter diskutierten wir, ob es für den Aufschwung vom Fremd- zum Eigenbesitzer ausreicht, wenn eine Willensänderung vorgenommen wird oder ob noch mehr zu verlangen ist (ja, einen Akt durch den objektiv der Aufschwung deutlich gemacht wird).

Dann folgte ein Exkurs zu den possessorischen und petitorischen Ansprüchen. Es ging darum was deren Anknüpfungspunkt ist und welche es gibt.

Possessorisch: Anknüpfungspunkt ist der Besitz; §§861, 862, 867, 1007 BGB

Petitorisch: Anknüpfungspunkt ist das Eigentum; §§985, 1227, und noch eine Norm aus dem Nießbrauch.

Am Ende stellten wir noch kurz fest, dass der §861 BGB ab dem Moment durchginge, in dem G die Herausgabe des Feuerzeugs gegenüber dem zuständigen Mitarbeiter verweigerte und damit war die Prüfung auch schon vorüber.

Wir gingen alle mit einem guten Gefühl aus der Prüfung, das wir auf jeden Fall der angenehmen Prüfungsweise des Prüfers zu verdanken haben, auch wenn sich vermutlich keiner von uns über den Abstecher in das HGB und GmbHG besonders gefreut hat.

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