Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – NRW vom August 2021

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im August 2021. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 9
Aktenvortrag 11
Prüfungsgespräch 10
Endnote 9,42
Endnote (1. Examen) 9,55

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Erbrecht, Erbengemeinschft gesetzliche Erbfolge, Auseinandersetzungsverfahren

Paragraphen: §1922 BGB, §1371 BGB, §2032 BGB, §2042 BGB, §2371 BGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, Intensivbefragung Einzelner

Prüfungsgespräch:

Ausgangsituation für unser Prüfungsgespräch war, dass wir als Rechtsanwältin einen Fall zu begutachten hatten.
Mandant war ein Mann, der über achtzig Jahre alt ist und essen Frau vor kurzem verstorben sei. Der Mann hat zwei erwachsene Töchter.
Eingangsfrage war sodann: Was ist jetzt zu tun?
Wir begannen mit der Feststellung, dass es durch den Tod der Ehefrau zu einem Erbfall gekommen sei. Dieser löse die Rechtsfolge des § 1922 BGB aus, die Gesamtrechtsnachfolge.
Es folgte eine Zwischenfrage, wie die Erbfolge geregelt werden könnte bzw. wie diese geregelt ist. Es bestehen die Möglichkeiten eines Erbvertrages, eines Testaments (Verfügung von Todes wegen) und der gesetzlichen Erbfolge.
Der Prüfer teilte uns dann mit, dass es hier weder einen Erbvertrag noch ein Testament gebe, sodass hier die gesetzliche Erbfolge eingreife.
Wir erarbeiteten uns dann die Erbberechtigungen des Mandanten und der Töchter. Diese ergeben sich zum einen aus § 1931 BGB (Ehegattenerbrecht) und zum anderen aus § 1924 BGB (Erben erster Ordnung; Abkömmlinge).
Wir sollten dann angeben, wie hoch der jeweilige Erbteil der einzelnen Erben im vorliegenden Fall sei. In diesem Zusammenhang kamen wir darauf, dass auch das eheliche Güterrecht einen Einfluss auf den Erbteil hat. Dass nämlich im Falle des gesetzlichen Güterstandes (Zugewinngemeinschaft), der Erbteil des überlebenden Ehegatten durch den Zugewinnausgleich durch Tod erhöht wird, vgl. § 1371 BGB.
Es folgte eine Zwischenfrage hinsichtlich der sonstigen Güterstände. Diese sind neben der Zugewinngemeinschaft, die Gütertrennung und die Gütergemeinschaft.
Hiernach waren die konkreten Erbteile 2/4 für den Mandanten, je 1/4 für die Töchter.
Nachdem wir das geklärt hatten, wollte der Prüfer wissen, wie das Rechtsverhältnis aussieht bei mehreren Erben. Nach § 2032 BGB besteht zwischen mehreren Erben eine Erbengemeinschaft.
Der einzelne Erbe kann nicht „auf eigene Faust“ handeln. Es handelt immer die Erbengemeinschaft (Gesamthandsgemeinschaft).
Wir unterhielten uns dann über die Befugnisse eines einzelnen Erben innerhalb der Erbengemeinschaft. Hierbei ist insbesondere § 2033 BGB wichtig, wonach der Erbe über seinen Erbteil verfügen kann, nie aber über einzelne Gegenstände.
Es wurde dann nach den Möglichkeiten der Erben gefragt hinsichtlich des Erbfalles. Diese können das Erbe innerhalb der Frist des § 1944 BGB annehmen, anderenfalls gilt das Erbe als angenommen.
Wir verfolgten dann den genauen Vorgang der Erbausschlagung weiter. Der Prüfer wollte darauf hinaus, dass es sich dabei um eine Willenserklärung handelt, deren Erklärungsgehalt sich nach dem objektiven Empfängerhorizont nach §§ 133, 157 BGB richte. Hierzu bildete er dann den Fall, dass die Erben nach dem Todesfall in die Wohnung gehen und diese „leer räumen“, dann aber sagen „mit den Schulden wollen wir nichts zu tun haben“. Er wollte wissen, ob dies eine wirksame Ausschlagung sei. Wir kamen zu dem Ergebnis, dass sich durch das Entfernen der Gegenstände für einen objektiven Beobachter der Erklärungsgehalt des Verhaltens als Annahme des Erbes deuten lässt.
Dann haben wir uns wieder der Erbengemeinschaft zugewandt und es wurde nach dem Ziel der Erbengemeinschaft gefragt. Dies ist die Auseinandersetzung gemäß § 2042 BGB
Der Prüfer wollte dann wissen, wie das dann in concretu funktionieren würde. Wir kamen auf den Verweis auf die §§ 749 Abs. 2, 3, 750 bis 758 BGB in § 2042 BGB. Hiernach kann die Teilung z.B. in Natur oder durch Verkauf erfolgen.
Der Prüfer  erweiterte den Fall dann um die Angabe, dass die Töchter nichts von dem Erbe haben wollten. Er fragte dann, was man dann machen könnte. Zunächst besteht die Möglichkeit, dass die Töchter ihren Erbteil verkaufen nach § 2037 BGB. In diesem Zusammenhang wollte der Prüfer wissen, wie man einen Erbteil überträgt. Dies erfolgt durch Verfügung.
Der Prüfer fragte in diesem Zusammenhang nach der Causa für das Verfügungsgeschäft. Wir sprachen zunächst über die Möglichkeit der Schenkung. Dann sprachen wir darüber, dass auch der Auseinandersetzungsvertrags selbst das Verpflichtungsgeschäft enthalten könne. Daneben besteht die Möglichkeit des Erbschaftskaufes, der sich nach den §§ 2371 ff. BGB richtet.
Im Rahmen der Auseinandersetzung sollte der Mandant dann Eigentümer eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks werden. Dies sollte dann im Auseinandersetzungsvertrag geregelt werden.
Wir sprachen dann über die allgemeinen Voraussetzungen der Eigentumsübertragung an einem Grundstück nach §§ 873, 925 BGB. Dem Prüfer war es wichtig, dass die dingliche Einigung (Auflassung) dafür erfolgen müsse. Damit endete die Prüfung dann.