Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – NRW vom Juni 2016

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im Juni 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsfach:  Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Vorpunkte 37 34 24 26 51
Zivilrecht 9 6 5 5 5
Strafrecht 9 6 5 5 9
Öffentliches Recht 9 6 5 5 9
Endpunkte 66 50 43 45 85
Endnote 6,6 5,0 4,3 4,5 8,5

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: grundgesetzliche Stellung des Bundespräsidenten

Paragraphen: §54 GG, §55 GG, §56 GG, §20 GG, §62 GG

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, Diskussion, hält Reihenfolge ein, lässt Meldungen zu, Intensivbefragung Einzelner, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Zu Beginn der Prüfung deutete der Prüfer auf die Fotos, die hinten im Prüfungssaal zu sehen sind. Er fragte, wer das sei, und die Kandidatin antwortete, dass dies die Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland seien. Der Prüfer erzählte, dass am Montag der Woche, in der die Prüfung stattfand, der Bundespräsident Gauck ja erklärt habe, dass er für eine zweite Amtszeit nicht zur Verfügung stehe. Er wollte jetzt wissen, wie es denn weitergehe. Die Kandidatin antwortete, dass die Amtszeit des Bundespräsidenten noch bis zum März des Folgejahres andauere und, dass im März des Folgejahres die Bundesversammlung einen Nachfolger wählen werde. Die Bundesversammlung sei ein ganz besonderes Organ. Wie nenne man solche Organe? Nach etwas raten: oberstes Bundesorgan. Im Grundgesetz sei geregelt, dass die Wahl des Bundespräsidenten ohne Aussprache zu erfolgen habe. Was wäre denn, wenn jemand um Vorstellung der Kandidaten bitten würde. Das sei unzulässig. Warum? Die Mitglieder der Bundesversammlung sollen nicht durch das Auftreten der Kandidaten in der Bundesversammlung beeinflusst werden. Das Amt des Bundespräsidenten solle durch eine Debatte in der Bundesversammlung nicht beschädigt werden.

Wie viele Stimmen muss ein Kandidat erhalten, damit er im ersten oder zweiten Wahlgang gewählt wird. Mehr als die Hälfte der Mitglieder der Bundesversammlung. Wie man eine solche Mehrheit nenne? Absolute Mehrheit. Und im dritten Wahlgang? Ist gewählt, wer die meisten Stimmen auf sich vereinigt. Wie nennt man eine solche Mehrheit? Einfache oder relative Mehrheit.

Es sei gesagt worden, dass die Bundesversammlung ein besonderes Organ sei. Was es denn besonders mache? Es hat die einzige Aufgabe, den Bundespräsidenten zu wählen und setzt sich sowohl aus den direkt gewählten Abgeordneten des Bundestages zusammen als auch aus von den Ländern entsandten Vertretern. Ob das nicht bedenklich sei. Nein, auch die Vertreter der Länder seien von den Landtagen gewählt und damit demokratisch legitimiert.

Im Radio habe er gehört, dass als wesentlich die Rede des Bundespräsidenten Gauck bei der

Münchener Sicherheitskonferenz in Erinnerung bleiben werde. Bei dieser Rede habe der Bundespräsident eine stärkere – auch militärische – Verantwortung Deutschlands in der Außen- und Sicherheitspolitik gefordert. Der Bundestagsabgeordnete Gauweiler, CSU, habe daraufhin ein Gutachten beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags in Auftrag gegeben. Ob man sich vorstellen könne, warum? Nachdem die Kandidatin nicht darauf kam, bat der Prüfer sich vorzustellen, man sei Bundeskanzleramtsminister und der Kanzlerin gefalle das ganz und gar nicht.

Wo das Problem sei. Es könnte ein Problem geben wegen der Gewaltenteilung. Was ist Gewaltenteilung. Teilung in exekutive, legislative und judikative Gewalt. Wo sei das Problem bei der Gewaltenteilung. Kein Problem bei der Gewaltenteilung, da der Bundespräsident wenn überhaupt wohl Teil der exekutiven Gewalt sei, genau wie die Kanzlerin. Dann wohl eher ein Problem der Organtreue, da der Bundespräsident möglicherweise die Richtlinienkompetenz der Kanzlerin missachtet haben könne. Ob das ein Fall von Richtlinienkompetenz sei. Die Antwort gab sich der Prüfer gleich selbst: es gehe um eine grundsätzliche Änderung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik, das wäre klar ein Fall der Richtlinienkompetenz.

Man solle annehmen, man sei Bundespräsident und wolle eine derartige Rede halten. Man ahne aber, dass die Kanzlerin das nicht toll fände. Welche Möglichkeiten man habe, die Rede mit der Kanzlerin abzustimmen. Es gibt die Möglichkeit der Gegenzeichnung. Zu den Verordnungen etc. des Bundespräsidenten gehören bei extensiver Auslegung wohl auch Reden.

Schließlich wollte der Prüfer noch wissen, ob man dem Bundespräsidenten auch mehr Macht geben könne, wie z. B. nach amerikanischem Vorbild. Nach etwas Rätselraten und schwimmender historischer Argumentation, erklärte der Prüfer, dass man das natürlich könne.

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