Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Rheinland-Pfalz vom Januar 2021

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Rheinland-Pfalz im Januar 2021. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3
Vorpunkte 6,3 6 4,8
Zivilrecht 8 11 9
Strafrecht 8 10 8
Öffentliches Recht 8 11 7
Endpunkte 24 32 24
Endnote 6,83 7,39 5,6

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Verwaltungsverfahren, Widerspruch, Verwaltungsvorschriften

Paragraphen: §68 VwGO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, verfolgt Zwischenthemen

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer Teilte folgenden Fall aus: Das Land fördert Musikschulen, sowohl öffentliche und private. Dazu hat das zuständige Ministerium in einer Verwaltungsvorschrift die Einzelheiten des Förderprogramms festgelegt:
Jährliche Förderung
– im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel,
– Sachkosten werden in voller Höhe und Personalkosten bei privaten Trägern – in voller Höhe und bei öffentlichen Trägern zur Hälfte übernommen
– Höhe der Gebühren soll sich an sozialen Aspekten orientieren und darf nicht mehr als 10% von einer vom Land festgesetzten vertretbaren Höhe abweichen,
– Förderung erfolgt nach Antragstellung bis zum 15.2. des folgenden Jahres rückwirkend für das vorherige Kalenderjahr
– mit der Antragstellung erkennt der Antragsteller auch die Bestimmungen zur Förderung des Landes an.
Der Landkreis A ist Träger einer öffentlichen Musikschule und beantragt für 2019 eine Förderung der Sachkosten und der hälftige Personalkosten. Am 18.2.2020 geht der Antrag beim Ministerium ein. Dieses willige den Antrag zunächst.
Dann nimmt die Behörde den Bescheid am 10.3.2020 wieder zurück und fordert den Förderbetrag zurück. Der Antrag sei zu spät eingereicht worden und der Landtag habe am 1.3.2020 den Haushaltsplan beschlossen und keine Mittel für das Förderprogramm in 2020 bereitgestellt. Eine Rechtsbehelfsbelehrung war nicht dabei.
Der Landkreis legt dagegen Widerspruch ein und meint, dass die Rückforderung unberechtigt sei und es schon inhaltliche Bedenken gegen die Förderbestimmung gäbe.
Zuerst wurden wir gefragt, was eine Verwaltungsvorschrift sei und was es für Beispiele gibt. Eine Verwaltungsvorschrift ist ein reines Verwaltungsinternum und hat folglich keine Außenwirkung. Beispiele sind die TA Luft und die TA Lärm. Dies sind normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften, die zwar keine Außenwirkung entfalten, jedoch von den Gerichten als Auslegungshilfe herangezogen werden.
Dann gingen wir die einzelnen Förderbedingungen durch.
Zum ersten Punkt wollte der Prüfer wissen, warum der Landtag überhaupt den Haushalt festlegen darf. Dies geht aufgrund des Budgetrechts.
Zum nächsten Punkt war die Frage, ob diese Unterscheidung in Ordnung sei. Es könnte ein Problem mit Art. 3 I GG geben. Allerdings werden öffentliche Träger bereits durch Steuern finanziert, wohingegen private Träger auf solche Förderungen angewiesen sind. Dies rechtfertigt eine Ungleichbehandlung.
Die nächste Frage war, ob sich die Gebühren an sozialen Gesichtspunkten orientieren dürfen. Dies wurde mit dem sog. Äquivalenzprinzip bejaht.
Bzgl. Der Frist im nächsten Punkt fragte der Prüfer sodann, was es für Fristen gibt. Die Ausschlussfrist und die Bearbeitungsfrist/Verfahrensfrist. Von beiden wollte er sodann die Definition hören und welche dann hier einschlägig sei. Hier handelte es sich um eine Bearbeitungsfrist.
Dann stellte der Prüfer die Frage, ob der Antrag denn noch Fristgerecht eingegangen sei. Dies verneinten wir. Jedoch konnte die Behörde als Herrin des Verfahrens dennoch über den Antrag entscheiden, was diese auch tat. Das Fristversäumnis wurde somit geheilt.
Dann wurden wir gefragt, ob bzw. wie die Behörde das überhaupt zurückfordern könne. Die Antwort war §§ 48, 49 a VwVfG, da der VA aufgrund des beschlossenen Haushaltplans rechtswidrig war. Die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung löste die 1 – Jahres Frist aus.
Fraglich war noch, ob der Widerspruch überhaupt statthaft war. Dies war zu verneinen. Nach § 68 II Nr. 1 VwGO war das Vorverfahren entbehrlich, ein dennoch erhobener Widerspruch ist dann unstatthaft. Er fragte dann noch, was dem Landkreis dann noch für Optionen blieben. Er könnte Anfechtungsklage erheben.