Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Rheinland-Pfalz vom Januar 2021

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Rheinland-Pfalz im Januar 2021. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3
Vorpunkte 37,5 24 50,4
Zivilrecht 10 9 13
Strafrecht 9 8 10
Öffentliches Recht 9 9 10
Endpunkte 65,5 49,95 83,4
Endnote 7,27 5,55 9,2

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Corona Fall (das sollte euch unter keinen Umständen in Panik versetzen. Meistens sind die Corona Themen einfach nur eine Einkleidung für ‚herkömmliche Probleme‘. Sehr empfehlenswert dazu der Beitrag aus der ZJS 3/20), Moratorium, Art. 240 EGBGB

Paragraphen: §433 BGB, §437 BGB, §441 BGB, §138 BGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer begann mit einem Fall zu Corona.
V ist Gebrauchtwagenhändler und hat wegen der Corona-Regelungen im ersten Lockdown schließen müssen.
K läuft an seinem eingezäunten Grundstück vorbei, sieht die Autos und ruft ihm über den Zaun zu, dass sie gerne ein Auto kaufen möchte. Zuerst beharrt V darauf, dass er wegen der Corona Pandemie nicht verkaufen darf. Letztlich gibt er nach und verkauft der K das Auto.
Es handelt sich um einen gebrauchten Opel, der laut V unfallfrei ist. Spoiler: Ist er nicht.
Nach einiger Zeit bemerkt K das dann auch und möchte gegenüber V den Kaufpreis mindern. Der Wagen sein sogar in der Form ein Unfallwagen, dass der Unfallschaden nie durch Reparatur ausgebessert werden kann.
Der Einstieg in die Prüfung wurde begonnen mit der Aussage, dass zuerst vertragliche Ansprüche zu prüfen seien. Darauf schnitt der Prüfer direkt ein und fragte wieso es diese Reihenfolge gibt (z.B. gibt Deliktsrecht die schwächsten Ansprüche/ Verträge sind Rechtsgründe i.S.d. 812ff/GoA kann Rechtfertigungsgrund bei Deliktsrecht sein/..)
Dann wurde die AGL §§437 Nr. 2, 434, 441 I genannt. Der Prüfer führte aus, dass die K schon bezahlt hat. Die AGL wurde auf (..) 441 III korrigiert.
Dann fragte der Prüfer, woraus sich denn der Anspruch ergeben würde, wenn K nicht gezahlt hätte. Er wollte darauf hinaus, dass V dann einen Anspruch aus § 433 I hätte und geprüft werden müsse, ob durch eine entsprechend geminderte Bezahlung Erfüllung gem. § 362 eintreten würde.
Dann begannen wir mit der Prüfung der AGL.
Direkt im ersten Prüfungspunkt (wirksamer KV) war dann auch schon der erste Knackpunkt Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit? Wir prüften die Varianten der 138 II, I, und 134 durch. Besonders auf 134 wurde dann ein wenig vertiefter eingegangen (was ist ein Gesetz in diesem Sinne -> Art. 2 EGBGB/ was bedeutet Verbotsgesetz -> Sinn und Zweck des Verbots erarbeiten). Wir kamen zu dem Ergebnis, dass der Verkauf nicht gegen § 134 verstößt (es soll ja nicht der Verkauf an sich gehindert werden, sondern die Ausbreitung der Viren eingedämmt werden).
Dann wurden die Prüfungspunkte Sachmangel bei Gefahrübergang und Zurücktrittsvoraussetzungen des § 441 abgehakt. Einzig erwähnenswert, dass Nacherfüllung nicht möglich ist und die Frist hier gem. § 323 I Nr. 3 entbehrlich war. Somit hatte K einen Anspruch.
Dann fragte der Prüfer dann einen anderen Prüfling, was Ädilizische Ansprüche seien. Er beantwortete wunderbar (in Rom wurden die Marktaufseher Ädile genannt, sie gewährten nur zwei Ansprüche: Rücktritt und Minderung). Das war aus meiner Sicht ein bisschen ärgerlich, da ich das auch gewusst hätte und man beim Prüfer durch sowas ganz weit oben steht. Daher mein Rat: wenn ein Anspruch kommt, von dem ihr wisst, dass er römischen Bezug hat einfach mal im Nebensatz droppen lassen, dass ihr das wisst. So a la: K begehrt Minderung gem. §§, wobei es sich hier um einen ädilizischen Anspruch handelt.
Zuletzt stellte uns der Prüfer einen kleinen Fall, den er mithilfe des Moratoriums zu Corona gelöst haben wollte (Art. 240 EGBGB). Hierbei nannte er uns sogar den Artikel im EGBGB und auch dessen einschlägigen Paragrafen. Ihm kam es hier nur darauf an, die Tatbestandsvoraussetzungen zu nennen. (Er hat hierzu auch einen Beitrag veröffentlicht, den ich mir allerdings nicht durchgelesen hatte. Ich glaube das war auch nicht nötig, es war in dem Fall schon ein Vorteil sich den Artikel im EGBGB einfach mal durchgelesen zu haben)
Schaut euch auf jeden Fall seine YouTube-Videos an (Ius Romanum). Die sind unterhaltsam, lassen sich gut neben dem Frühstück oder am Ende des Lerntages gucken und man erhält so den wesentlichen Überblick über das römische Recht. Verfolgt außerdem welche Beiträge er veröffentlicht hat.
Auch, wenn er nicht unbedingt berechenbar ist, fand ich, dass man sich auf ihn mit den beiden Tipps gut vorbereiten konnte.
Ihr schafft es auf jeden Fall! Ich wünsche euch viel Erfolg und das Nötige Quäntchen Glück 🙂 Allgemein als Abschluss: Die Prüfung vergeht wie im Flug, man bekommt gar nicht mit das die Zeit plötzlich vorbei ist. Wenn ihr mal etwas nicht wisst, dann versucht die Prüfer an euren Gedanken teilhaben zu lassen. Und wenn ihr es wirklich absolut nicht wisst, gebt das lieber zu. Sonst könnte wertvolle Zeit verloren gehen, in der ihr euer Wissen, was ihr definitiv habt! präsentieren könnt.