Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Rheinland-Pfalz vom Juli 2016

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem Ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Rheinland-Pfalz vom Juli 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen:  Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4
Vorpunkte 8,58 6,8 11,x 7,06
Aktenvortrag 8,58 6,8 11,x 7,06
Zivilrecht 10 8 13 8
Strafrecht 10 11 13 7
Öffentliches Recht 9 9 11 9
Endpunkte 8,94 7,56 11,47 7,34
Endnote 9,25 7,56 11,47 7,34

Zur Sache:

Prüfungsstoff:  protokollfest, aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Eilrechtsschutz, Polizeirecht, Verhältnismäßigkeit

Paragraphen:  §80 VwGO, §123 VwGO, §28 VwVG, §9 PolG, §13 PolG

Prüfungsgespräch: Diskussion, hält Reihenfolge ein, lässt Meldungen zu

Prüfungsgespräch:

Die Prüferin sagte uns zunächst, dass es bei Ihrer Prüfung vor allem um die öffentliche Sicherheit und Ordnung gehen werde. Sodann schilderte sie uns folgenden Fall: Am 30.4.2016 soll zwischen Kaiserslautern und dem Sportclub Karlsruhe ein Fußballspiel stattfinden. Dieses wird von den zuständigen Behörden als Hochrisikospiel eingeschätzt, da es bei Spielen zwischen den Vereinen in der Vergangenheit bereits zu Krawallen gekommen ist. Daher erlässt das zuständige Polizeipräsidium eine Allgemeinverfügung, dass Fans des Karlsruher SC weder die Strecke zwischen Hauptbahnhof und Stadion in Kaiserslautern noch die Innenstadt betreten dürfen. Als Fans werden diejenigen bezeichnet, die entsprechende Fankleidung tragen oder durch ihr Auftreten (Fangesänge) als Fans eingestuft werden können. Als Zweck der Allgemeinverfügung nennt das Polizeipräsidium die Verhütung von Straftaten als auch die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Die Allgemeinverfügung wird hinreichend bekannt gemacht. Fünf Fans des SC Karlsruhe erheben nun Widerspruch und beantragen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. (Der Fall ist angelehnt an den Fall, in dem Frankfurter Fans der Zutritt in Darmstadt verwehrt werden sollte.)

Die Prüferin wollte nun wissen, welche Vorüberlegungen das zuständige Verwaltungsgericht nun treffen muss. Wir kamen zunächst auf die möglich beeinträchtigten Grundrechte der Fans: Art. 8 I, 11 I, 2 I (subsidiär) und Art. 3 I GG (eher nicht) und umrissen kurz die Schutzbereiche der einzelnen Grundrechte. Anschließend sollten wir die Grundlagen des Eilrechtsschutz (Rechtsstaatsprinzip, effektiver Rechtsschutz) kurz erklären und § 80 V VwGO zu den anderen Eilrechtsschutzmöglichkeiten (insbesondere § 123 I VwGO) abgrenzen. Dabei erläuterten wir, dass § 80 V VwGO greift, wenn in der Hauptsache eine Anfechtungssituation (Klage oder Widerspruch) gegeben ist und ansonsten § 123 I VwGO einschlägig ist. Anschließend wurde kurz die Zulässigkeit der Anträge geprüft, die sich aber als unproblematisch darstellte.

Die Prüferin fragte dann, ob bei einer Allgemeinverfügung eine Anhörung erforderlich sei. Dies verneinten wir mit Blick auf § 28 II Nr. 4 VwVfG und dem Argument, dass der Adressatenkreis der Allgemeinverfügung zwar bestimmbar sei, aber noch nicht feststehe und die Allgemeinverfügung darüber hinaus hinreichend bekannt gemacht sei. Anschließend wollte die Prüferin noch eine Abgrenzung der Begriffspaare konkret-abstrakt und individuell-generell und entsprechende Beispiele hören.

Dann sollte die Ermächtigungsgrundlage für die Allgemeinverfügung geprüft werden. Hier sollten die Platzverweisung, das Aufenthaltsverbot (§13 POG) und § 9 I 1 POG abgegrenzt und abgelehnt werden (zu großer Personenkreis und auch örtlich zu großer Kreis), bevor wir die materielle Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung prüften. Die Prüferin ließ uns hier ausführlich die Verhältnismäßigkeit prüfen. Wir stellten fest, dass die Gefahrenabwehr ein legitimes Ziel der Maßnahme ist und diese durch die Einschätzungsprärogative auch geeignet ist. Bei der Erforderlichkeit prüften wir, ob gegebenenfalls mildere Mittel wie verstärkte Kontrollen und Polizeipräsenz ausreichend wären. Schließlich verneinten wir die Angemessenheit der Maßnahme mit den Argumenten, dass diese zu unbestimmt hinsichtlich des Personenkreises sei und zu befürchten sei, dass lediglich eine Verlagerung der Ausschreitungen in andere Bereiche der Stadt erfolge oder die Fans beispielsweise ihre eigene Fankleidung unter anderer verstecken und so Zutritt erlangen.

Zum Abschluss fragte die Prüferin noch, welche Gerichte sich ansonsten noch mit Fangewalt beschäftigen könnten (private Schiedsgerichte), die Frage konnte aber niemand beantworten.

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