Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Bayern vom Oktober 2022

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Note staatl. Teil 1. Examen

7

Gesamtnote 1. Examen

7

Gesamtnote 2. Examen

8

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Rücktritt, Kauf auf Probe, Mangelgewährleistungsrecht, Widerruf, Finanzierungshilfe, Existenzgründer

Paragraphen: §437 BGB, §346 BGB, §454 BGB, §513 BGB, §506 BGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, lässt Meldungen zu, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer schilderte zunächst einen kleinen Fall: Ein Mandant kommt in unsere Kanzlei und möchte Hilfe in einer Angelegenheit. Vor sechs Wochen wollte sich unser Mandant (im Nachfolgenden „M“) als Bauunternehmer selbständig machen (Kleinunternehmen mit zwei Personen). Hierfür ist er zur Firma Müller, um dort einen Bagger zu kaufen. Man einigte sich über den Kauf eines gebrauchten Baggers (erst ein Jahr alt, funktioniert einwandfrei, keine bis leichte Gebrauchsspuren). Der Kaufpreis betrug 25.000,00 Euro. Da M aber nicht so viel Geld bei sich hatte, einigte man sich auf folgendes: M soll den Bagger mitnehmen und ihn zunächst ausprobieren. Innerhalb von drei Tagen soll er sich sodann melden, ob er den Bagger kaufen möchte oder nicht. Man vereinbarte eine Anzahlung in Höhe von 4.000,00 Euro, der Rest sollte in Raten (24 Monate á 1.000,00 Euro) abbezahlt werden. Diese Vereinbarung wurde aber nicht schriftlich festgehalten. Außerdem wurde M ein „vorbereiteter Vertrag“ vorgelegt, in dem ein Haftungsausschluss erfolgte. Soweit keine Schäden für Körper und Leben vorlägen, werde die Firma Müller nur für grobe Fahrlässigkeit haften. M hatte vergessen, sich innerhalb der vereinbarten Frist zu melden. Hat aber die Anzahlung in Höhe von 4.000,00 Euro bereits überwiesen. Vorgestern ist die Stange am Bagger abgebrochen, weshalb er seine Bauarbeiten nicht fortsetzen konnte. Der Bagger funktionierte nicht mehr. Eine Reparatur war erst in zwei Wochen möglich, einen Ersatzbagger für die Zeit des Ausfalls hatte die Firma Müller auch nicht zur Verfügung. M aber brauchte diesen Bagger unbedingt, damit er seine Arbeiten fortsetzen konnte. Er war auf diesen Bagger angewiesen. Unser Mandant wollte aus diesem Grund die Anzahlung wieder zurückhaben und der Firma Müller den Bagger dafür zurückgeben. Was könnte er tun? Zunächst ließ der Prüfer einen Prüfling den Sachverhalt nochmals zusammenfassen und den nächsten Prüfling Anspruchsgrundlagen nennen. Genannt wurden u.a. der Rücktritt sowie der Widerruf. Ebenfalls wurden die §§812 ff. BGB genannt. Auch genannt wurde die Anfechtung (man sollte allgemein aufzählen, was generell in Betracht käme, wenn sich jemand von einem Vertrag lösen möchte). Als Erstes wurde diskutiert, ob §346 BGB direkt oder über §437 Nr.2 BGB anzuwenden wäre. Die Prüfung begann mit §346 BGB. Hierfür sollte kurz erklärt werden, dass für den §346 BGB ein wirksamer synallagmatischer Vertrag vorliegen müsste. Fraglich war bei uns, ob überhaupt von der Wirksamkeit des Vertrags ausgegangen werden kann und vor allem auch, ob ein solcher abgeschlossen wurde. Erörtert wurde, ob M überhaupt das Angebot der Firma Müller angenommen hat. Erwähnt wurde eine konkludente Annahme durch die Überweisung der Anzahlung in Höhe 4.000,00 Euro. Schließlich wurde auf die §§454ff. BGB eingegangen. Man hielt fest, dass es sich um einen Kauf auf Probe handelte und dass das Schweigen des M gem. §455 S.2 BGB als Billigung anzunehmen sei, da er sich nicht innerhalb der Billigungsfrist (hier drei Tage) zurückgemeldet hatte. Es stellte sich auch die Frage um was es sich bei der Ratenzahlung handele. Genannt wurden: Zinsen sowie die Stundung, eine mögliche Sittenwidrigkeit, ein Einigungsmangel. Richtig war: Zinsen. Schließlich kamen wir noch auf den §506 BGB zu sprechen. Hier musste man erkennen, dass M als Existenzgründer einem Verbraucher gleichgestellt wird (§513 BGB) und daher die dort genannten Vorschriften auf ihn anwendbar waren. Einschlägig war in unserem Fall §506 III BGB, also ein Teilzahlungsgeschäft. Da hier aber die Finanzierungshilfe nicht schriftlich vereinbart worden ist, wurde ein etwaiger Formmangel angesprochen. Wir kamen auf jeden Fall am Ende zu dem Schluss, dass ein wirksamer Kaufvertrag vorliegt. Prüften sodann §434 BGB der Reihe nach durch und bejahten dabei §434 II Nr.1 BGB. Sodann sprachen wir den Gefahr Übergang nach §446 BGB an. Für den Rest und die AGB-Prüfung hatten wir keine Zeit mehr.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Bayern im Oktober 2022. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.