Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Berlin im Mai 2016

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Berlin im Mai 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 6,85
Aktenvortrag 12
Prüfungsgespräch 12
Endnote 9,39
Endnote (1. Examen) 9,68

Zur Sache:

Prüfungsstoff:

Prüfungsthemen: Störereigenschaft, Unterlassensanspruch, Besitz, Gesamtschuldnerschaft, Beweisrecht

Paragraphen: §823 BGB, §830 BGB, §862 BGB, §296 ZPO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hart am Fall

Prüfungsgespräch:

Die Prüferin stellte zwei Fälle und stellte im Anschluss noch einige prozessuale Fragen aus ihrer eigenen Praxis am KG. Den beiden Fällen lagen aktuelle Entscheidungen des BGH, bzw. des OLG Koblenz zugrunde, die die Prüferin direkt aus der RÜ vorlas. Es empfiehlt sich wohl daher die letzten ein bis zwei Jahrgänge der RÜ vor der Prüfung einmal auf interessante und die Grundlagen betreffende Zivilrechtsfälle durchzuschauen.

Dem ersten Fall lag ein Urteil des BGH (V ZR 160/14) zugrunde. Der Sachverhalt wurde von der Prüferin diktiert und musste sodann zusammengefasst und wiedergegen werden. Dieser war wie folgt: Die Klägerin betreibt einen privaten Parkplatz im Obergeschoss eines Gebäudes. Eine Beschilderung weist die Nutzer auf die Vertrags- und Einstellbedingungen der Klägerin hin. Danach ist der Nutzer mit der Einfahrt in die Parkeinrichtung zur Zahlung des Mietpreises und dazu verpflichtet, den Parkschein sichtbar und lesbar hinter der Windschutzscheibe anzubringen. Bei Nichtlösen und Nichtauslegen des Parkscheins sowie bei Überschreiten der bezahlten Parkzeit um mehr als 15 Minuten ist ein „Nutzungsentgelt“ von 20 € (nachfolgend: erhöhtes Nutzungsentgelt) sofort zur Zahlung fällig. Der Beklagte ist Halter eines Pkw. Am 19. Oktober 2012 war das Fahrzeug gegen 10. 30 Uhr auf dem genannten Parkplatz der Klägerin abgestellt, ohne dass ein gültiger Parkschein auslag. Bei einer Kontrolle wurde dies festgestellt und am Fahrzeug ein Hinweis angebracht mit der Aufforderung zur Zahlung von 20 €. Eine Zahlung erfolgte nicht. Nach Ermittlung des Beklagten als Halter forderte die Klägerin ihn vergeblich zur Zahlung oder Benennung des Fahrers auf. Die Klägerin begehrte sodann erfolglos die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung. Mit der Klage verlangt sie von dem Beklagten, es unter Meidung eines Ordnungsgeldes von 600 € zu unterlassen, seinen Pkw unberechtigt auf dem Parkgelände selbst abzustellen bzw. durch eine dritte Person dort abstellen zu lassen, sowie die Erstattung der Kosten der Halterermittlung in Höhe von 5,65 €. Zunächst war der Unterlassungsanspruch aus § 862 I 2 BGB genau zu prüfen, wobei besonderer Wert auf eine ordentliche Subsumtion gelegt wurde. Nachdem der Unterlassungsanspruch bejaht wurde, wurden verschiedene Anspruchsgrundlagen für die Erstattung der Kosten der Halterermittlung erwogen und geprüft (berechtigte und unberechtigte GoA und § 823 II iVm § 858 BGB), schlussendlich aber abgelehnt.

Der zweite Fall war OLG Koblenz, Urteil vom 15.10.2015 – 6 U 923/14 nachgebildet. Der Sachverhalt war wie folgt: Die Kläger sind die Miteigentümer eines Yachthafens am Rhein, dessen Steganlage durch einen Brand in der Nacht vom 3./4.4.2009 beschädigt wurde. Ca. 300 m Luftlinie entfernt wurde in dieser Nacht die Hochzeit der Tochter der Beklagten gefeiert. Die Beklagte hatte fünf chinesische Himmelslaternen gekauft, von denen die Hochzeitsgesellschaft vier aufsteigen ließ. Kurz darauf wurde ein Brand der Steganlage gemeldet, der von der herbeigerufenen Feuerwehr gelöscht wurde. Ein technischer Defekt kann als Brandursache ausgeschlossen werden. Die Kläger haben wegen der ihnen bei dem Brand entstandenen Schäden Klage auf Zahlung von Schadensersatz erhoben. Das LG Koblenz hat die Klage abgewiesen, da sich zu der fraglichen Zeit neben den vier von der Hochzeitsgesellschaft gezündeten Laternen noch weitere Himmelslaternen in der Luft befunden hätten, die das Feuer ebenfalls ausgelöst haben könnten; diese Himmelslaternen hätten Personen, die nicht zu der Hochzeitsgesellschaft gehörten, von einem anderen Standort in der Nähe des Yachthafens aufsteigen lassen. Zu prüfen waren sodann deliktische Ansprüche und nachdem zunächst § 823 I BGB geprüft und mangels Beweisbarkeit der haftungsbegründenden Kausalität abgelehnt wurde, sollte auf § 830 I 2 BGB als Anspruchsgrundlage und dessen Voraussetzungen eingegangen werden. Wiederum ging es allein um eine ordentliche Subsumtion.

Zum Schluss berichtete die Prüferin noch von einem Fall aus ihrer Praxis, in dem es im Wesentlichen darum ging wie eine Zeuge, der sich im Ausland aufhält (hier: Libanon) geladen werden kann (Antwort: Antrag an das AA, welches sich dann wiederum mit den ausländischen Stellen in Verbindung setzt). Weiter wurde gefragt welches Problem bestünde, wenn der Zeuge die an ihn gerichteten Fragen nur schriftlich beantworten würde ohne vor Gericht zu erscheinen (Antwort: keine Möglichkeit die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu beurteilen und Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz). Dann sollte erläutert werden, in welchen Fällen schriftliche Angaben genügen (Antwort: wenn es sich um Angaben von Behörden handelt). Zuletzt sollte wir die Voraussetzung für die Zurückweisung von Angriffs- oder Verteidigungsmitteln gem. § 296 darlegen und erläutern.

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