Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Berlin im Mai 2017

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Berlin im Mai 2017. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Vorpunkte 6,42 3,7 6,7 4,7 6,0
Aktenvortrag 10 5 13 10 9
Prüfungsgespräch 11 5 11 9 9
Endnote 8,01 4 8,3 6,5 7,0
Endnote (1. Examen) 8,01

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Anfechtungsklage, Widerspruch, eintstweiliger Rechtsschutz, Zwischenthemen

Paragraphen: §80 VwGO, §123 VwGO, §60 VwGO, §32 Verf, §68 VwGO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, lässt Meldungen zu, Intensivbefragung Einzelner, verfolgt Zwischenthemen, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Die Prüferin schilderte folgenden Sachverhalt:
Die Gemeinde G erlässt eine Taubenfütterungsverordnung, in der das Füttern von wilden Tauben verboten wird. Die Tierfreundin M bekommt einen Bescheid, in der ihr das Füttern von Tauben untersagt wird und ein Zwangsgeld in Höhe von 500€ angedroht wird. Da sie dies nicht hinnehmen möchte kommt sie zu uns als Rechtsanwalt und will wissen, was sie dagegen unternehmen kann.
Der Schilderung folgten dann ein paar allgemeine Fragen und daraufhin die Prüfung einer Anfechtungsklage, wobei sie immer wieder Zwischenthemen verfolgte.
Was machen sie als Rechtsanwalt als erstes? Bescheid zeigen lassen und Fristen kontrollieren.
Was kann gegen einen belastenden Bescheid unternommen werden? Widerspruch, Anfechtungsklage, einstweiliger Rechtsschutz
Wir sprachen dann über die Statthaftigkeit des Widerspruchs und welche Ausnahmen es gem. § 68 VwGO gibt. Hier wollte sie wissen, was oberste Behörden sind (solche denen keine Behörde übergeordnet ist) und welche wir kennen. Wir nannten die Bundesministerien, das Bundeskanzleramt, den Präsidenten des Bundestages und die Bundesbank. Zudem sollten wir die möglichen Fälle von § 68 I Nr. 2 VwGO nennen und Beispiele bilden. Wir nannten die reformatio in peius und Dreieckskonstellationen. Zu den Dreieckskonstellationen wollte sie wissen, wann ein VA bekanntgegeben ist, was eine Zustellung ist (Bekanntgabe im förmlichen Verfahren) und wie es sich auswirkt, wenn ein VA nicht bzw. nicht förmlich bekanntgegeben wurde (Verwirkung, Orientierung an Frist aus § 58 II VwGO).
Dann wollte sie noch wissen welche Fristen bei Anfechtungsklage und Widerspruch gelten und was getan werden kann, wenn diese verstrichen sind (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand). Sie wollte in diesem Zusammenhang wissen, ob sich die Wiedereinsetzung im Widerspruchsverfahren nach § 60 VwGO oder nach § 32 VwVfG richtet (VwGO, § 70 II VwGO) und welcher Anwendungsbereich für § 32 VwVfG verbleibt. Hier sollte § 1 I VwVfG genannt werden und ein Beispiel für eine gesetzliche Frist genannt werden. Sie wollte zudem Beispiele für die unverschuldete Versäumung einer Frist (Krankenhausaufenthalt, Büroverschulden bei Rechtsanwalt ohne Organisationsverschulden).
Zum einstweiligen Rechtsschutz wollte sie wissen, welcher Antrag hier statthaft sei und woraus sich das ergebe (80 V 1. Alt, da aufschiebende Wirkung bezüglich der Zwangsgeldandrohung gem. § 80 II Nr. 3 i.V.m Landesrecht entfällt).
Dann prüften wir die Zulässigkeit einer Anfechtungsklage durch. Im Rahmen der Begründetheit wollte sie wissen, was der Unterschied zwischen Verordnungen und Satzung ist, und wer Satzungen erlassen kann. Dann wollte sie Definitionen für Anstalt, Stiftung und Körperschaft.
Aus Zeitnot sind wir dann zu den unterschiedlichen Tenorierungsmöglichkeiten für das Urteil bei einer Anfechtungsklage und den Widerspruchsbescheid gesprungen, wobei wir jeweils Hauptsache und Kosten formulieren sollten.
Zuletzt fragte sie noch welche Argumente wir im Rahmen der Begründetheit zu Gunsten der Mandantin anführen konnten. Hier nannten wir u.a. Gewissensfreiheit, Naturschutz und Verhältnismäßigkeitserwägungen.