Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Hamburg im Juni 2016

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hamburg im Juni 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4
Vorpunkte 7,18 6,4 7,5 7,3
Aktenvortrag 9 11 11 14
Prüfungsgespräch 11 11 12 13
Endnote 8,17 8,00 8,7 9
Endnote (1. Examen) 9,56

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Rücktritt / Anfechtung wegen Täuschung über Unfallfreiheit des Autos

Paragraphen: §433 BGB, §123 BGB, §812 BGB, §346 BGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, Intensivbefragung Einzelner , Fragestellung klar

 

Prüfungsgespräch:

Die Prüfung hätte auch eine solche des 1. Staatsexamens sein können. Der Prüfer stieg direkt mit einem Fall ein um den sich die gesamte Prüfung drehte. Prozessuale Fragen gab es nicht. Das Niveau der Fragen und der Prüfung war nicht hoch, weshalb allerdings auch niemand richtig brillieren konnte.

Der Fall lautete wie folgt:
K geht zu dem Autohändler V und sieht auf dessen Hof einen Oldtimer stehen, zum Verkauf für 20.000€. Er spricht den Autohändler an und fragt ihn nach dem Wagen. Der V erklärt, der Wagen gehöre einer älteren Dame und stünde nun zum Verkauf. Auf Nachfrage erklärt der V, der Wagen sei unfallfrei. Im Vorhinein sei es so gewesen, dass die ältere Dame den V gefragt hätte, was sie denn für den Wagen bekomme und V zu der Dame meinte, sie könne noch 15.000 € für ihren Wagen im Falle eines Verkaufes erhalten.

K macht eine Probefahrt und kauft anschließend das Auto und zahlt an V die 20.000 €. Im Nachgang findet der K den Namen der ehemaligen Eigentümerin heraus und kontaktiert sie. Durch sie erfährt der K, dass der Wagen sehr wohl einen Unfall gehabt habe. Nach dem Unfall sei der Schaden durch V selbst in dessen Werkstatt repariert worden. K fährt darauf hin wieder zurück zu V und meint, er wolle den Wagen zurückgeben.

Abschließend sagte der Prüfer noch, dass der Schaden durch den Unfall komplett und ordnungsgemäß durch V wieder repariert worden sei. Selbst ein Fachmann hätte anschließend keinen Unfallschaden mehr feststellen können. Trotz des Unfalls habe der reparierte Wagen tatsächlich noch einen Wert von 25.000 € gehabt.

Wir sollten zunächst einen Rücktritt vom Kaufvertrag prüfen, ganz klassisch ohne Besonderheiten. Zunächst wollte er einige Ausführungen dazu hören, zwischen wem denn hier ein Kaufvertrag zustande gekommen sei. Wir sollten die Möglichkeit einer Stellvertretung, eines Kommissionärs, eines Boten und einer Abgabe einer eigenen WE in eigenem Namen voneinander abgrenzen und diskutieren, welches hiervon auf den V zugetroffen habe und kamen schließlich dazu, dass der V hier selbst Vertragspartner wurde. Anschließend ging es um die Frage des Sachmangels, ob eine vereinbarte Beschaffenheit vorliege. Durch die Erklärung des V, der Wagen sei unfallfrei, nahmen wir eine vereinbarte Unfallfreiheit an. Wie sei es bei Wagen, die komplett wieder repariert seien und ein Schaden nicht mehr feststellbar ist? Bei Gebrauchtwagen die Besonderheit, dass die Eigenschaft als Unfallwagen von sich auch schon eine Wertminderung darstellt, unabhängig von der tatsächlichen Reparatur. Schließlich kamen wir zu der Frage der Fristsetzung und deren Entbehrlichkeit. Wie es mit der Unmöglichkeit bei einer Nachlieferung bei Gebrauchtwagen aussehe, Stückschuld, vertretbare Sachen. Wir sprachen auch über einen möglichen Ausschluss der Mängelgewährleistung, wenn der K den Unfallschaden hätte kennen müssen gem. § 442 BGB und lehnten dies ab, da es sich nicht um einen solchen Mangel handelte, den der K während seiner Probefahrt einfach hätte entdecken können. Dann sprachen wir noch über die Möglichkeiten eines Gewährleistungsausschlusses nach § 444 BGB und wie diese in der Praxis formuliert seien und woher diese meistens stammten. Antwort hier: Entweder AGB der Autohändler oder Vertragsformulare von Internetplattformen. Schließlich sprachen wir noch über die benötigte Rücktrittserklärung, Auslegung der Aussage des K gem. § 133 BGB er wolle den Wagen zurückgeben.

Anschließend sollten wir noch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB durchprüfen im Rahmen von § 812 I 1 1. Alt. BGB als fehlenden Rechtsgrund für die Leistung. Dabei wurde das Verhältnis von Anfechtung zu Mängelgewährleistungsrecht diskutiert. Dann noch die Anfechtung bzgl. des Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfts und die Besonderheit bei der arglisten Täuschung, dass der Fehler im Verpflichtungsgeschäft auf das Verfügungsgeschäft durchschlägt bei Fehleridentität. Im Rahmen der zurückzugewährenden Leistungen kamen wir noch auf die Saldotheorie zu sprechen. Schließlich kamen wir zu der Frage, ob der durchgehende Anspruch des K aus § 812 BGB den V auch dazu verpflichte, dass er den Wagen zurücknehme. Zu einer eindeutigen Antwort kamen wir hier nicht mehr.

Insgesamt hatten wir mit mehr gerechnet, die Punkte lagen durchgehend zwischen 11 und 12.

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