Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Hamburg vom August 2023

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Note staatl. Teil 1. Examen

7,16

Gesamtnote 1. Examen

9,81

Gesamtnote 2. Examen

7,14

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen: Werkrecht

Paragraphen: §631BGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, Intensivbefragung Einzelner

Prüfungsgespräch:

Wie bereits aus den anderen Protokollen ersichtlich, liegt ein Schwerpunkt vom Prüfer auf dem Werkrecht. Unsere Prüfung spielte sich ausschließlich im Werkrecht und im allgemeinen Schuldrecht ab. Laut des Prüfers hatte er den Fall ein paar Tage zuvor in abgewandelter Form im Gericht verhandelt. Zum Sachverhalt: Der Mandant hat einen Vertrag mit einem Bauunternehmer über die Errichtung eines Hauses mit dreifachverglasten Fenstern geschlossen. Es war vereinbart worden, dass das Haus 2015 bezugsfertig sein soll. Nach Fertigstellung wendete der Mandant ein, dass die Terrassenfenster lediglich zweifachverglast seien. Darauf entgegnete der Unternehmer, dass die Fenster dafür besonders isoliert seien und dadurch eine bessere Isolation als bei einer Dreifachverglasung gegeben sei. Zunächst fragte uns der Prüfer, welche Ansprüche der Mandant geltend machen könnte. Daraufhin gingen wir zunächst auf die Rechtsnatur des Vertrages ein. Da der Prüfer keine besonderen Vertragsmerkmale i.S.v. § 650u oder i BGB nannte, handelte es sich um einen Bauvertrag nach § 650a BGB. Dann stellten wir fest, dass möglicherweise Mängelrechte nach § 634 BGB in Betracht kommen könnten, lehnten dies jedoch ab, da noch keine Abnahme erfolgt war. Im Rahmen dessen erläuterten wir den Begriff der Abnahme, sowie die Bedeutung und die daran geknüpften Rechtsfolgen. Zudem fragte der Prüfer auch nach der Abnahme im Kaufrecht und wollte wissen, wann die Gefahr jeweils im Kauf- und im Werkrecht übergeht. Dann diskutierten wir, ob dem Mandanten ein Erfüllungsanspruch nach § 631 I BGB zusteht. Wir sollten prüfen, ob der Unternehmer bereits vertragsgemäß erfüllt hatte oder nicht. Wir subsumieren sehr gründlich, ob durch die Zweifachverglasung mit besserer Isolierung Erfüllung eingetreten ist oder nicht. Im Ergebnis lehnten wir eine vertragsgemäße Erfüllung aufgrund der ausdrücklichen Vereinbarung einer dreifachen Verglasung ab und gingen knapp auf den werkrechtlichen Mangelbegriff ein. Dann fragte der Prüfer, ob dem Anspruch etwaige Einreden entgegenstehen könnten, und wir prüften die Verjährung des Anspruches. Wir kamen zu dem Ergebnis, dass der Anspruch verjährt war, da die Werkleistungen 2015 erbracht wurden. Dann wollte der Prüfer wissen, ob und wie der Mandant trotzdem erreichen könnte, dass dreifachverglaste Fenster eingebaut werden. Wir diskutierten die Möglichkeit, erst 8 Jahre später die Abnahme des Werkes zu erklären, um Mängelrechte geltend zu machen. Zudem prüften wir die Voraussetzungen der Nacherfüllung und gingen auch knapp auf andere Mängelrechte ein. Dabei fragte der Prüfer beispielsweise nach, worauf sich das Vertreten müssen im Rahmen des Schadensersatzes nach §§ 634 Nr. 4, 280 I, III, 281 BGB beziehen müsse. Ein Schwerpunkt der Prüfung war die Frage, was für die Möglichkeit spricht, die Abnahme nach 8 Jahren noch erklären zu können, um Mängelrechten geltend zu machen und was dagegen. Es folgte eine Abwägung des Für und Wider. Dabei honorierte der Prüfer kreative und systematische Auslegungsansätze. Gegen die Möglichkeit spricht unter anderem, dass so die Verjährung des Erfüllungsanspruchs umgangen werden könnte und der durch die Verjährung eintretende Rechtsfrieden gestört würde.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hamburg im August 2023. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.