Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Hessen im März 2016

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen im März 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4
Vorpunkte 5,6 4,0 7,3 3,2
Aktenvortrag 12 6 8 3
Prüfungsgespräch 11 7 11,75 7,3
Endnote 7,77 5,1 9,08 4,5
Endnote (1. Examen) 6,7

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Auftrag, GoA

Paragraphen: §670 BGB, §677 BGB, §683 BGB, §662 BGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort Diskussion, hält Reihenfolge ein , lässt Meldungen zu, Intensivbefragung Einzelner, Fragestellung klar


Prüfungsgespräch:

Zu Beginn wurde folgender kurzer Fall vorgestellt:

Eine 50-jährige Frau fährt ihre Enkelin zu einem Fußballturnier. Mit dem Trainer des Fußballvereins wurde die Absprache getroffen, dass die Eltern/Großeltern ihre Kinder selbst zu dem Turnier bringen. Es kommt auf dem Weg dorthin zu einem Verkehrsunfall, in den kein weiteres Fahrzeug verwickelt ist. Das Auto der Frau hat einen Totalschaden (10.000 Euro). Außerdem erleidet die Frau einen Beinbruch und befindet sich nach 2 Wochen Krankenhausaufenthalt wieder auf dem Weg der Besserung. Sie möchte nun aber nicht allein auf ihren Schäden sitzen bleiben.

Erst musste geklärt werden gegen wen die Frau sich wenden will, um Schadensersatz zu erhalten. Antwort: Gegen den Fußballverein.

Dann begaben wir uns auf die Suche nach einer passenden Anspruchsgrundlage. Zunächst fassten wir § 670 BGB ins Auge. Problematisch war hier die Voraussetzung „Auftrag“. Dieser setzt einen Rechtsbindungswillen voraus, wenn man also mit seiner Handlung rechtliche Folgen herbeiführen will bzw. wirtschaftliche Interessen verfolgt. Dies war bei der Frau aber gerade nicht der Fall, weshalb § 670 BGB als Anspruchsgrundlage ausschied. Sodann prüften wir eine GoA mit der Anspruchsgrundlage § 683 S. 1, 677, 670 BGB. Wir diskutierten zunächst, um welche Art Geschäft es sich handeln könnte und kamen zu dem Schluss, dass es ein „auch-fremdes-Geschäft“ ist, weil die Oma zwar ein Geschäft für den Fußballverein führt, allerdings in erster Linie auch eines für die Enkelin und in diesem Sinne auch für sich selbst. Dann sprachen wir darüber, dass der Fremdgeschäftsführungswille beim auch-fremden-Geschäft laut BGH vermutet wird.

Unproblematisch handelte die Frau im Interesse und mutmaßlichen Willen des Fußballvereins.

Sodann diskutierten wir die weitere Voraussetzung der Aufwendung (=freiwilliges Vermögensopfer). Die Aufwendungen müssen objektiv betrachtet mit der Geschäftsführung in Zusammenhang stehen (also gerade bei der Ausführung erfolgt sein). Dies war vorliegend der Fall, sodass die Frau grds. den entstandenen Schaden vom Fußballverein ersetzt verlangen kann.

Im Rahmen einer kurzen Abwandlung (was ist, wenn im Auto noch ein Kind gesessen hätte, welches verletzt worden wäre.) sprachen wir über die Abgrenzung zur Gefälligkeit.

Sodann kehrten wir zum Ausgangsfall zurück. Wir hatten Bedenken dabei, dass der Verein die komplette Schadenssumme übernehmen sollte. Zunächst versuchten wir dieses Problem über ein Mitverschulden oder dem Grundsatz von Treu und Glauben zu regeln oder über eine sonstige Quotelung. Schließlich zogen wir die Regelung des innerbetrieblichen Schadensausgleichs aus dem Arbeitsrecht heran (Quotelung über Grad der Fahrlässigkeit). Zum Abschluss verriet der Prüfer uns, dass die Frau im Original-BGH-Fall keinen Schadensersatz erhalten hat, weil es sich um eine reine Gefälligkeit gehandelt habe. Damit war die Prüfung zu Ende.

 

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