Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Niedersachsen im Juni 2017

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Niedersachsen im Juni 2017. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 5,8
Aktenvortrag 5
Prüfungsgespräch 10
Endnote 6,74
Endnote (1. Examen) 5,91

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Zwischenfeststellungsklage, Mietrecht

Paragraphen: §535 BGB, §256 ZPO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, Intensivbefragung Einzelner, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Fall: Der Kläger (K) klagt vor dem Amtsgericht gegen den Beklagten (B) auf Zahlung von 3.000,00 € wegen rückständigem Mietzins (je 1.000,00 € monatlich für die Monate Januar bis März 2016). B behauptet, es gebe keinen Mietvertrag mit K. Es werden Zeugen vernommen, die aussagen, es bestünde ein Mietverhältnis zwischen K und B. Daraufhin ergeht ein Urteil auf Zahlung von 3.000,00 €. Aus den Entscheidungsgründen ist zu entnehmen, dass der Richter aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme davon ausgeht, dass ein Mietverhältnis zustande gekommen ist.
Nachdem das Urteil rechtskräftig geworden ist, zahlt B 3.000,00 € an K. Auf die neu auflaufenden
Mietrückstände zahlt B nichts. Daraufhin erhebt K Klage auf Zahlung von 4.000,00 € für die Monate April bis Juli 2016. Wiederum behauptet B, es fehle an einem Mietvertrag. K benennt dieselben Zeugen wie im vorigen Prozess.
Muss der Richter erneut Beweis erheben?
Lösung: ja, denn die Entscheidungsgründe erwachsen nicht in Rechtskraft. Hierzu wäre eine Zwischenfeststellungsklage nach § 256 II ZPO erforderlich gewesen.
[wir mussten uns ausgiebig mit der Rechtskraft auseinandersetzen, den Beweismitteln, usw.)
Abwandlung: K klagt auf Zahlung von 3.000,00 € und Feststellung, dass monatlich Mietzahlungen zu je 1.000,00 € ab April 2016 geschuldet seien.
Lösung: Hier mussten wir uns mit den §§ 258, 259 ZPO auseinandersetzen und erkennen, dass wegen des Wortes „auch“ in § 258 auf § 257 ebenfalls zurückzugreifen war.
Fall: Sie sind RA, ihr Mandant (M) ist vor Jahren rechtskräftig zur Zahlung einer Geldrente (§ 843 BGB) von monatlich 1.000,00 € an X verurteilt worden. Grund war eine körperliche Misshandlung, die zur Folge hatte, dass das rechte Bein des X bewegungsunfähig war. Nun sieht M am Wochenende, dass X munter Fußball spielt.
Was können Sie tun?
Lösung: Abänderungsklage nach § 323 ZPO erheben.
Abwandlung: M bekommt mit, wie X einem Bekannten bei ein paar Bier erzählt, dass die ganze Sache erstunken und erlogen war und er das Attest von einem befreundeten Arzt erhalten habe.
Was können Sie tun?
Lösung: Die Abänderungsklage ist hier nicht einschlägig, wohl aber die Restitutionsklage nach § 580 ZPO.
Fall: K erhebt Klage auf Zahlung. Es wird ein schriftliches Sachverständigengutachten eingeholt. Es stellt sich heraus, dass nicht K, sondern C aktivlegitimiert ist. Dieser weigert sich, den Anspruch abzutreten. Daraufhin nimmt K die Klage zurück. C erhebt nun Klage auf Zahlung gegen B. Derselbe Richter ist mir der Sache befasst.
Muss erneut ein Sachverständigengutachten eingeholt werden?
Lösung: Dies ist wegen § 411 a ZPO nicht nötig.
Was veranlassen Sie als Richter?
Lösung: Verfügen, dass das Sachverständigengutachten beigezogen werden soll und dies unter Setzung einer Frist zur Stellungnahme den Parteien mitteilen.
Was ist, wenn die Parteien nichts dazu sagen? Können Sie das Gutachten einfach verwerten?
Lösung: In Anwendung von § 411 IV ZPO darf der Richter das Gutachten verwerten.
Fall: Die Parteien streiten außergerichtlich um einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung. Mit Schreiben vom März 2016 zeigt ein Anwalt die Vertretung des K (inklusive Vollmacht) gegenüber B an. Im April erreicht K (und nicht dessen Anwalt) ein Mahnschreiben des B. Daraufhin fordert K den B auf, ihn nicht direkt anzuschreiben, sondern vielmehr über den Anwalt zu kommunizieren. Dennoch erreicht den K im Juni 2016 wiederum ein Mahnschreiben des B.
Der Kläger klagt auf Feststellung, dass es dem B untersagt werde, sich direkt an ihn zu wenden.
Wie entscheiden Sie?
Lösung: Im Ergebnis sind beide Lösungen vertretbar, der Weg ist: Ein Anspruch aus § 1004 I BGB analog i.V.m. § 823 I BGB i.V.m. Art. 2 I, 1 I GG (APR). Bei der Abwägung gilt es die Vorschrift des § 172 ZPO zu berücksichtigen und herauszuarbeiten, dass diese nur das gerichtliche Verfahren, nicht aber das außergerichtliche Verfahren betrifft. Welche Schlüsse man daraus zieht, ist offen.

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