Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – NRW im Januar 2017

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im Januar 2017. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Vorpunkte 42 35 24 46 39
Aktenvortrag 10 5 6 10 7
Prüfungsgespräch 10 7 9 12 10
Endnote 8,2 6,1 6,0 9,17 7,6
Endnote (1. Examen) 9,36

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen: Abschleppfall

Paragraphen: §77 VwVG, §42 VwGO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, Intensivbefragung Einzelner, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Es ging um den klassischen Abschleppfall Die Prüferin schilderte folgenden Sachverhalt:
Wir sind Rechtsanwälte und zu uns kommt ein Mandant. Er berichtet, dass er in der Gelsenkirchener Innenstadt geparkt habe um 14 Uhr. Als er um 16:30 Uhr zurück zu seinem PKW ging stellte er fest, dass dieser nicht mehr dort war. Er rief die Polizei an und erfuhr, dass sein PKW abgeschleppt wurde.
Mit dem Taxi fuhr er zu dem Abschleppdienst. Auf diesem Gelände stand auch sein PKW. Der Mitarbeiter des Abschleppdienstes holte ein Stück Papier mit dem Kopfbogen der Stadt Gelsenkirchen. Er unterschrieb es und händigte es dem Mandanten aus. Demnach sollte dieser 240 Euro bezahlen. Der Mandant bezahlte und nahm seinen PKW wieder mit. Nun möchte er dagegen vorgehen.
Direkt vorneweg: es war ganz offensichtlich, dass eine Kandidatin mit der Prüfung eines Kostenbescheides nicht vertraut war. An den Noten seht ihr ja, dass dies kein Beinbruch war. Die Prüferin hat dann entsprechend mehr geholfen als bei anderen.
Zunächst sollten mögliche Klagearten genannt werden. Dabei wurden die Anfechtungsklage und die FFK genannt. Zunächst wurde auf die FFK eingegangen und die Frage gestellt, was denn die Voraussetzungen wären. Es wurde zwischen den möglichen verschiedenen Verwaltungsakten abgegrenzt. Im Ergebnis wurde sie aber verneint, da damit das Ziel, die Kosten zurück zu bekommen, nicht verwirklicht werden kann.
Es wurde also die Anfechtungsklage geprüft. Dabei ging sie relative ausführlich auf die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs ein. Dort erfolgte auch die Abgrenzung zwischen Beliehener und Verwaltungshelfer. Im Ergebnis kamen wir dazu, dass das Abschleppunternehmen nur ein Verwaltungshelfer ist. Wir bejahten auch, dass eine Behörde gehandelt hat, da der Briefkopf von der Stadt Gelsenkirchen war. Warum das alles im Verwaltungsrechtsweg besprochen wurde, kann ich leider nicht sagen.
Es ging dann um die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage und die Voraussetzungen des VA. Diese wurden auswendig genannt wobei die Prüferin dann sagte, gut, dass sie das auswendig wissen, aber das muss man ja gar nicht. Wo ist der VA geregelt? § 35 VwVfG.
Die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen wurden dann übersprungen. Wir stiegen dann in die Begründetheit ein und mussten zunächst die Ermächtigungsgrundlage, § 77 VwVG i.V.m. den jeweiligen weiteren Normen, nennen.
Es wurde dann relativ ausführlich auf die formelle Rechtmäßigkeit eingegangen. Dort war dann zu problematisieren, dass keine Anhörung erfolgt war, eine solche aber erforderlich war. § 28 Nr. 5 VwVfG griff hier nicht, da es sich nicht mehr um eine Maßnahme in der Vollstreckung handelte. Diese war ja bereits vorbei. In der Form wurde dann problematisiert, ob der Mitarbeiter überhaupt unterschreiben durfte. Im Ergebnis wurde die Form gemäß § 37 VwVfG dann bejaht.
Im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit wurde dann kurz genannt, was jetzt überhaupt geprüft wird (Wir befinden uns im Kostenbescheid und im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit wird dort geprüft, ob die Vollstreckungsmaßnahme rechtmäßig war. Es folgt nun also die EGL, formelle und materielle Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahme inzident geprüft).
Dort wurde besprochen, dass die EGL sich danach unterscheidet, ob ein gestrecktes Verfahren oder ein sofort Vollzug vorliegt. Hier lag ein sofort Vollzug vor. Als Ermächtigungsgrundlage wurde § 55 VwVG genannt. Die Prüferin ging dann darauf ein, dass man auch eine Sicherstellung annehmen könnte, je nachdem, welcher Auffassung man folgt.
Dann ging die Prüfung nicht mehr wirklich weiter sondern wir besprachen, dass der Mandant behauptet, dass dort kein Parkverbotsschild gestanden hätte. Es ging dann um den Untersuchungsgrundsatz im Verwaltungsrecht und was man als Rechtsanwalt nun machen muss. Es wurde gesagt, wir sollen dort hin fahren und schauen, ob dort ein Schild steht. Die Prüferin fragte dann, ob das denn wirklich sinnvoll wäre. Wegen des Untersuchungsgrundsatzes reicht es aus, wenn vorgetragen wird, dass dort kein Schild stand.
Der Fall wurde dann so erweitert, dass das Schild nur ein mobiles war, wegen des Weihnachtsmarktes. Es sollten dann die Beweismittel innerhalb des Verwaltungsrechts besprochen werden. Die Prüferin war dann der Ansicht, dass Fotos eine Urkunde wären und kein Augenscheins Objekt, wie der Kandidat vorgeschlagen hatte. Das hatte unser 12 Punkte Kandidat gesagt, hat also offensichtlich nicht geschadet ;).

Ganz kurz wurde dann noch gesagt, wie man gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil vorgehen könnte, Berufung und Sprungrevision.

Insgesamt war die Prüfung gut machbar. Die Struktur des Abschleppfalls zu kennen war dabei sicherlich sehr förderlich. Für wen das immer noch ein Horrorthema ist, dem kann ich folgende Seite empfehlen:
http://www.racaba.de/fileadmin/racaba.de/content/repetitorium/kurzskript_verwaltungsvollstreckung srecht.pdf
Dort wird meines Erachtens sehr gut erklärt, was auf welcher Ebene geprüft wird. Wenn man das verstanden hat, ist das bei einem Kostenbescheid schon die halbe Miete.

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