Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – NRW im Juli 2016

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im Juli 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5 6
Vorpunkte 33 37,5 45 39,7 36,7 27,0
Aktenvortrag 9 12 7 10 7 6
Prüfungsgespräch 10 10 11 8 11 11
Endnote 7,2 7,9? 8,5 7,37 6,6? 6,5?
Endnote (1. Examen) 7,26

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen: ÖR-Vertrag, Gewerberecht, Beamtenrecht,  Verwaltungsprozessrecht (Verpflichtungsklage)

Paragraphen: §54 LVwVfG, §78 VwGO, §49 LBGS, §42 VwGO, §33 GG

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, Diskussion, hält Reihenfolge ein, lässt Meldungen, zu hart am Fall, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Einstieg: Anlehnung an die Zivilrechtsprüfung (Zwangsvollstreckungsrecht). Es geht um Abtretung von Sozialleistungen. Kann ein AlG-Empfänger seine Leistungen zur Sicherung an eine Bank abtreten, um einen Kreditvertrag zu sichern? Ja, in den Grenzen des § 850c ZPO. Was für eine Art von Vertrag ist das denn? Öffentliches Recht oder Zivilrecht? Woran macht man das fest? Es wurde anhand von § 54 VwVfG NRW argumentiert und die verschiedenen Vertragsarten (Subordinationsvertrag, Austauschvertrag etc.) herausgearbeitet. Es kann auch einen ÖR-Vertrag zwischen Privatpersonen geben, solange es sich auf dem Gebiet es ÖR befindet (Wortlaut der Norm), Sozialrecht ist natürlich ÖR. Wichtig war ihm hier die Argumentation am Gesetz.
Dann wechselten wir zu einem aus den Protokollen bekannten Fall: Ein Justizvollzugsbeamter der JVA Köln ist Waffennarr und vorwiegend im offenen Vollzug eingesetzt. Er betreibt einen Internethandel, in dem er zu 90% antike Waffen, die gebrauchsunfähig gemacht wurden, vertreibt und zu 10% funktionsfähige Waffen, die vorwiegend an Jäger und Sportschützen verkauft werden. Hierzu bewirbt er seine Tätigkeiten auch mit einer eigenen Homepage. Welche Genehmigungen braucht er? Zum einen § 21 I 1 WaffG. Warum? Wegen § 2 II WaffG. Welche noch? Nach Gewerberecht und ggf. Beamtenrecht. Warum Gewerberecht? § 1 I GewO normiert grds. Gewerbefreiheit als Ausprägung von Art. 2 I und 12 I GG. Lediglich Anzeigepflicht nach § 14 GewO. Welche Genehmigung noch? Da er Beamter ist, nach Beamtenrecht, eine Nebentätigkeitsgenehmigung. Norm? § 48 LBG NRW, nicht ganz, § 49 I LBG NRW. Welche Nr. wäre einschlägig? § 49 I Nr. 3 LBG NRW, da gewerbliche Tätigkeit. Was für eine Art von Norm ist es? Gebundene Vorschrift. Was resultiert daraus? Kein Ermessen, sofern die Voraussetzungen vorliegen. Der J hätte also einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung, wenn keine Versagungsgründe vorliegen. Im Mai 2008 erhielt der J eine auf fünf Jahre befristete Genehmigung von seinem Dienstherrn unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs. Er hat daraufhin auch erhebliche Investitionen getätigt, um das Gewerbe zu betreiben. Im Jahr 2011 bekommt J Ärger mit seinem Nachbarn wegen des „illegalen“ Waffenhandels. Auf der Homepage zielt eine Waffe direkt auf den Betrachter des Bildschirms, es gibt negative Presseberichterstattungen, wobei insbesondere auf seine Haupttätigkeit als Justizvollzugsbeamter abgestellt wird. Deshalb wird J für 30 Monate dienstunfähig. Im Juni 2013 beantragt er bei seinem Dienstherrn die Verlängerung seiner Nebentätigkeitsgenehmigung für weitere 5 Jahre. Sie sind jetzt sein Anwalt. Was kann er machen? Klagen natürlich. Wann macht es Sinn? Wenn er einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung hat. Woraus ergibt sich dieser? Aus § 49 II 1 LBG NRW. Die einzelnen Versagungsgründe nach § 49 II 2 LBG NRW wurden durchgeprüft und argumentiert. Welche wären einschlägig? Nr. 1? Eher nicht. Nr. 2? Schon eher, kurze Diskussion. Nr. 3? Nein. Nr. 4?
Vielleicht. Können Sie sich das vorstellen? Kurze Diskussion. Beispiel: Ein Arbeitsrichter, der für eine Einigungsstelle tätig wird. Nr. 5? Vielleicht. Nr. 6? Ansehen der öffentlichen Verwaltung? Diskussion, wohl ja (Presseberichte etc.). Woraus resultieren diese dienstlichen Pflichten? Aus Art. 33 V GG, hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums. Was für Elemente hat das? Wo könnte J gegen verstoßen? Loyalitätspflicht, Neutralitätsgrundsatz, angemessene Besoldung werden erwähnt und diskutiert. Ein Justizvollzugsbeamter ist in besonderem Maße der Neutralität und der Loyalität verpflichtet, insbesondere im offenen Vollzug, da dort Gedanke der Resozialisierung vorherrscht. Der J bekommt nun von seinem Dienstherrn am 16.7.2013 einen Ablehnungsbescheid auf seinen Nebentätigkeitsgenehmigungsantrag hin. Am 22.7.2013 geht er zum Rechtsanwalt. Was kann er machen? Klagen. Wo? Beim VG. Örtliche Zuständigkeit nach § 52 Nr. 4 VwGO, Wohnsitz / dienstlicher Wohnsitz des Beamten. Also VG Köln. Klageart? § 42 II VwGO, Verpflichtungsklage als Versagungsgegenklage, da rechtsschutzintensiver als Anfechtungsklage. Klagegegner? § 78 VwGO, Land NRW, vertreten durch den Dienststellenleiter der JVA. Was hätte er zuvor machen müssen, wenn wir der Fall etwa 5 Jahre früher spielen würde? Widerspruch. Warum? Wegen § 68 I VwGO.
Warum nicht mehr heute? Wegen § 110 JustizG NRW. Frist? § 74 II i.V.m. I VwGO, ein Monat. Hier also fristgerecht möglich. Die Klage wäre also zulässig. Auch begründet? J wendet drei Argumente ein: 1) in Baden-Württemberg ist (was zutrifft) ein ähnlicher Fall genau anders entschieden worden, 2) er hat sich in der Vergangenheit stets korrekt verhalten, 3) seit 5 Jahren beanstandungsfrei sein Gewerbe betrieben und erhebliche Investitionen getätigt. Was steckt hinter diesen Argumenten?
Haben die Bestand?
Zu 1): Gleichbehandlung, Art. 3 GG. Aber: Keine Gleichheit im Unrecht.
Zu 2): Verschuldensunabhängigkeit des Anspruchs.
Zu 3): Vertrauensschutz.

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