Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – NRW im Juni 2016

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im Juni 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Vorpunkte 49,5 45,7 33 40,5 44,2
Aktenvortrag 10 11 6 8 10
Prüfungsgespräch 12 13 9 9 11
Endnote 9,55 9,57 6,6 7,55 8,72
Endnote (1. Examen) 11,35

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen: Urkundsmahnverfahren, Wettbewerbsrecht

Paragraphen: §703a ZPO, §8 UWG, §12 UWG

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer wies zu Beginn seiner Prüfung ausdrücklich darauf hin, dass er keine Meldungen wünsche, es sei denn, er gebe die Frage frei.
Die Prüfung verlief recht ähnlich vielen in älteren Protokollen geschilderten Prüfungen. Zunächst schilderte der Prüfer den folgenden Fall: Zu uns als Rechtsanwältin bzw. Rechtsanwalt kommt der Mandant M, der Geschäftsführer einer GmbH ist. Diese hat an einen Geschäftspartner einen LKW für 150.000 Euro verkauft. Über die Schuld von 150.000 Euro hat der Geschäftspartner einen Schuldschein ausgestellt. Nunmehr zahlt der Geschäftspartner trotz Aufforderung nicht. Der Mandant wünscht Beratung, auf welchem Wege er zu einem Titel gelangen könne.
Nach einer schnellen materiell rechtlichen Einordnung des Schuldscheins in das BGB sammelten wir zunächst verschiedene Möglichkeiten: („normales“) Klageverfahren, Urkundsprozess, Mahnverfahren, Urkundsmahnverfahren, notarielle Unterwerfungserklärung, Anwaltsvergleich. Wir erwähnten jeweils kurz die Vor- und Nachteile.

Dann begannen wir das Urkundsmahnverfahren nach § 703a ZPO zu prüfen und gingen das Prozedere Schritt für Schritt durch. Wir erarbeiteten, dass zunächst ein Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids gestellt werden, im Urkundsmahnverfahren explizit unter der Angabe, dass es sich um ein Urkundsmahnverfahren handeln solle, und der Kostenvorschuss eingezahlt werden muss. Dann wird ein Mahnbescheid erlassen.

In der ersten Variante sollte unterstellt werden, dass der Gegner auch nach dem Mahnbescheid nichts unternimmt. Wir diskutierten die Frist, innerhalb derer der Gegner (mindestens) die Möglichkeit haben muss, Widerspruch einzulegen. Danach erarbeiteten wir die Voraussetzungen für den Erlass des Vollstreckungsbescheids – Antrag und Einzahlung des weiteren Gerichtskostenanteils.

Wir sollten dann unterstellen, dass der Geschäftspartner sich nun gegen den Vollstreckungsbescheid wehren möchte. Wir erarbeiteten hierzu die Gleichstellung des Vollstreckungsbescheids mit dem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil (§ 700 Abs. 1 ZPO). Auf die Frage hin, welche Anforderungen der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid erfüllen müsse, insbesondere, ob er zu begründen sei, nannten wir § 700 Abs. 3 Satz 3 ZPO, der das Begründungserfordernis des § 340 Abs. 3 ZPO für den Einspruch gegen das Versäumnisurteil für nicht anwendbar erklärt. Wir erläuterten die ratio hinter dieser Regel, dass nämlich ein Versäumnisurteil schon überhaupt nur dann ergeht, wenn der Kläger eine schlüssige Anspruchsbegründung vorgetragen hat, während im Mahnverfahren keine Begründung notwendig ist, so dass hier der (zukünftige) Beklagte sich noch nicht gegen klägerischen Vortrag verteidigen kann.

Schließlich erarbeiteten wir den Unterschied zwischen einer Klageschrift und der Anspruchsbegründung nach § 697 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Letztere dürfe nicht als „Klage“ betitelt sein, da ansonsten nicht klar sei, ob es sich um die Anspruchsbegründung handele oder eine erneute Klage, der die Rechtshängigkeit entgegenstünde.

Nach diesem Hauptfall der Prüfung kamen wir noch zu einem weiteren, bereits aus anderen Protokollen bekannten Fall: Der Mandant, der zu uns als Rechtsanwältin bzw. Rechtsanwalt komme, sei Unternehmer in Düsseldorf. Er empfange täglich hunderte Werbefaxe sowie Werbe-E-Mails eines Unternehmens aus Köln. Der Mandant wünscht Beratung, was er dagegen unternehmen könne.

Auch hierfür sammelten wir zunächst wieder in Betracht kommende Ansprüche: Ein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG, § 1004 BGB analog, § 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 303 StGB (wegen der beim Faxempfang bedruckten Seiten).

Wir diskutierten nun die prozessuale Seite des UWG-Anspruchs. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 UWG ist der Gegner zunächst abzumahnen und Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Wir sollten unterstellen, dass der Gegner hierauf nicht eingeht.

Daraufhin diskutierten wir die Zuständigkeiten: Wir erarbeiteten die örtliche Zuständigkeit nach § 14 UWG, also das Gericht des allgemeinen Gerichtsstands des Beklagten (§ 14 Abs. 1 Satz 1 UWG) und das Gericht der Handlung (§ 14 Abs. 2 Satz 1 UWG). Die sachliche Zuständigkeit richtet sich nach § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG: Die Landgerichte sind ausschließlich zuständig.

Der Prüfer vermittelte den Eindruck, dass er durchaus noch weiter hätte prüfen wollen; da die 50 Minuten dieses Teils des Prüfungsgesprächs jedoch abgelaufen waren, endete die Prüfung hier.

Insgesamt ist die Prüfung bei diesem Prüfer recht angenehm, es gab bei uns keine Überraschungen – allerdings auch nicht viel Möglichkeit, sich nach oben hin abzusetzen.

Ich wünsche Euch viel Erfolg!

Du suchst die optimale Vorbereitung auf deine Mündliche Prüfung?

Du suchst Gesetzestexte und Kommentare für deine Mündliche Prüfung und den Aktenvortrag? Schau mal bei JurCase.com vorbei, denn da gibt es die gesuchte Fachliteratur zur kostengünstigen Miete oder auch zum Kauf.

jurcase2-ideal-fuer-referendare