Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Rheinland-Pfalz vom November 2021

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Note staatl. Teil 1. Examen

9,4

Wahlfach

11

Gesamtnote 1. Examen

10,7

Gesamtnote 2. Examen

9,36

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Bauordnungsverfügung nach rheinland-pfälzischer Bauordnung verbunden mit einer Prüfung des bauplanungsrechtlichen Außenbereichs; am Ende kurzer Ausflug ins Widerspruchsverfahren

Paragraphen: §35 BauGB, §29 BauGB, §80a VwGO, §212a BauGB

Prüfungsgespräch:  Frage-Antwort, verfolgt Zwischenthemen

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer war Prüfungsvorsitzender und prüfte daher als Letzter. Sein Fachgebiet war das öffentliche Recht. Die Prüfung gestaltete sich insgesamt als relativ kurz, was dem Umstand geschuldet war, dass wir lediglich zwei zu prüfende Kandidaten waren. Die komplette Prüfung spielte sich im Baurecht ab. Zunächst schilderte er uns einen kleinen Fall. Ein Landwirt hatte im Außenbereich eine Windkraftanlage errichtet, die der Energiegewinnung für seinen landwirtschaftlichen Betrieb dienen sollte. Eine Baugenehmigung hierfür hatte er weder erhalten noch beantragt. Während der Landwirt noch mit der Errichtung der Anlage beschäftigt ist, kommt ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung vorbei und erteilt eine „mündliche Anweisung“. Der Prüfer stieg zunächst mit der Frage ein, warum ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung denn hier überhaupt zum Tätigwerden berufen sei und wollte auf die sachliche Zuständigkeit gemäß § 58 LBauO hinaus, die bei der unteren Bauaufsichtsbehörde liegt. Außerdem wollte er hören, dass der Zweck des Bauordnungsrechts in der Gefahrenabwehr liegt. Anschließend fragte er, welche Maßnahme denn vom städtischen Bediensteten in einer solchen Konstellation getroffen werden könne (§§ 80, 81 LBauO). Hier waren die Baueinstellung, die Beseitigungsanordnung und die Nutzungsuntersagung zu nennen und voneinander abzugrenzen. Da ja eine Nutzung angesichts der nicht erfolgten Fertigstellung noch gar nicht möglich ist, kann auch keine untersagt werden und da eine Beseitigungsanordnung bei noch nicht abgeschlossener Prüfung der Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens als nicht verhältnismäßig erschien, entschieden wir uns für eine Baueinstellungsverfügung. Deren Rechtmäßigkeit sollte dann geprüft werden. Dabei war zunächst auf den Unterschied zwischen der formellen Rechtswidrigkeit (fehlende Genehmigung trotz Genehmigungspflicht) und materiellen Rechtswidrigkeit (Verstoß gegen baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften) zu unterscheiden. Es musste also zunächst die Genehmigungspflicht der geschilderten Anlage nach den §§ 61 ff. LBauO geprüft werden. Der Prüfer hakte hier auch nochmal nach, was denn eine bauliche Anlage überhaupt sei und fragte, inwieweit sich der Begriff in der LBauO und im BauGB unterscheiden (im Baugesetzbuch ist der so genannte weite Begriff des Bauens anwendbar). Nachdem wir dazu kamen, dass für die in der Errichtung befindliche bauliche Anlage eine Baugenehmigung notwendig war, konnten wir also die formelle Baurechtswidrigkeit bejahen. Anschließend kamen wir dann zum materiellen Baurecht, wobei uns insoweit allein das Bauplanungsrecht interessierte. Da ja kein Bebauungsplan existierte und die Anlage im Außenbereich entstehen sollte, war also § 35 BauGB in den Blick zu nehmen. Hier fragte der Prüfer nach dem Unterschied der in Absatz 1 genannten Vorhaben (privilegiert) und denen in Absatz 2 (sonstige Vorhaben). In diesem Zusammenhang wollte er für Absatz 2 noch das Stichwort „generelles Verbot mit Erlaubnisvorbehalt“ hören, da alle sonstigen Vorhaben an sich unzulässig sind und nur im Einzelfall genehmigt werden können. Die einzige prozessuale Frage stellte der Prüfer dann ganz am Schluss, als es um die Frage der (Eil-)Rechtsschutzmöglichkeiten eines Nachbarn ging. Hier war aber nicht mehr viel Zeit, so dass allein noch kurz auf das Verfahren nach § 80a VwGO eingegangen werden konnte mit dem Hinweis darauf, dass ein Widerspruch gegen eine Baugenehmigung wegen § 212a BauGB keine aufschiebende Wirkung hat. Alles in allem eine sehr materiell-lastige, aber faire und gut machbare Prüfung bei der Prüfer.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Rheinland-Pfalz im November 2021. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.