Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Saarland im September 2016

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung im Saarland im September 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4
Vorpunkte 4,85 5,21 5.25 4,5
Aktenvortrag 7 9 12 7
Prüfungsgespräch 11,11,9 11,11,11 7,8,7 8,7,8
Endnote 6,16 6,78 6,34 5,87
Endnote (1. Examen) 5,05

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest, aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Arbeitrecht, Aktuelle Rechtsprechung,  anwaltliche Taktik

Paragraphen: §433 BGB, §434 BGB, §437 BGB, §323 BGB, §485 ZPO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, Diskussion, hält Reihenfolge ein, lässt Meldungen zu, verfolgt Zwischenthemen, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Da wir alle Arbeitsrecht als Schwerpunkt gewählt hatten, begann der Prüfer die Prüfung mit einem Fall aus dem Arbeitsrecht in dem er den Mandanten spielte, den wir beraten sollten:
Er sei seit über 15 Jahren alleiniger Geschäftsführer einer großen Gesellschaft, deren Mehrheitsanteile einem öffentlichen Träger gehören. Zudem habe er für diese Gesellschaft viele Tochtergesellschaften gegründet, bei denen er auch überall alleiniger Geschäftsführer ist. Ohne dass irgendwas vorgefallen sei, hätte er nun eine ordentliche Kündigung erhalten, mit der er nun zu uns kommt, und um anwaltliche Beratung bittet.

Nachdem wir erfragt hatten, wie alt er sein, dass er monatlich 20.000 € verdient hätte und sowohl eine Klage zum Arbeitsgericht als auch ein Vergleich ihn in Betracht kämen, wollte er wissen, wie wir denn nun konkret bei einem Vergleich vorgehen würden. Wir kontaktierten den öffentlichen Träger, welcher auch zu einer Einigung bereit war, uns aber erst einen Termin in vier Wochen anbot.

Nachdem ein Kandidat diesen Termin angenommen hätte, fragte er, ob alle so vorgehen würden. Dies wurde mit der Begründung verneint, dass wir dann keine Klage mehr zum Arbeitsgericht erheben könnten, da die Dreiwochenfrist bereits abgelaufen wäre und wir uns damit jeglicher Verhandlungsposition berauben würden. Die Klage sollte daher eingereicht zur Wahrung der Frist eingereicht werden, da sie später im Rahmen der Vergleichsverhandlung immer noch zurückgenommen werden könnte.

Der Prüfer scherzte daraufhin, dass der Kandidat, der den Termin in vier Wochen angenommen hätte, eine gute Berufshaftpflichtversicherung hätte und wir nun mal davon ausgehen sollten, dass die Klagefrist verstrichen sei. Wir kamen darauf, dass das Arbeitsgericht, ja nur zuständig sei, wenn der alleinige Geschäftsführer tatsächlich Arbeitnehmer wäre. Im Rahmen der Definition des Arbeitnehmers und der damit verbundenen persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit, sowie Weisungsgebundenheit erörterten wir, ob dies bei einem Geschäftsführer, der ja Organ der Gesellschaft ist, überhaupt möglich sei.

Der Prüfer erweiterte den Fall dann noch dahingehend, dass dem Geschäftsführer nun auch noch die Entlastung seitens der Gesellschaft verweigert wurde und ob sich dahingehend, etwas an der Zuständigkeit ändern könnte. Nach kurzer Diskussion löste der Prüfer die Sache auf und erklärte uns, dass das BAG selbst in dem Fall, in dem der Geschäftsführer nicht entlastet wird, seine Zuständigkeit als gegeben ansieht und die Sache an daher in einer neuen Entscheidung an sich gezogen hätte.

Wir wechselten dann vom Schwerpunktbereich Arbeitsrecht zum allgemeinen Zivilrecht.
Auch hier gab es wieder einen aktuellen Fall, bei dem uns der Prüfer schon direkt darauf hinwies, dass hier zwei Lösungen möglich sein, die des BGH und die des OLG, welches die Sache vor genau anders entschieden hatte. Unsere Aufgabe sei es nun, die Sache von Grund auf zu prüfen.

Sodann schildert er uns den aktuellen Ebay-Fall, in dem der Verkäufer sein Auto zu einem Startpreis von 1 Euro angeboten hatte.
Der Käufer hatte als Maximalgebot 17.000 € eingegeben, wobei er zunächst mit 1,50 € Höchstbietender. Der Verkäufer überbot über einen weiteren von ihm angelegten eBay Account, den Käufer immer wieder, bis das Maximalgebot überschritten war. Außer vom Verkäufer und dem Käufer gab es keine weiteren Gebote seit dem Einstiegsgebot des Käufers von 1,50 €. Das Auto wurde anderweitig verkauft und der überbotene Käufer verlangt nun Schadensersatz in Höhe von 16.998,50 €.
Wir begannen damit, im Rahmen des § 433 BGB zu prüfen, ob hier ein Vertrag zustande gekommen sei. Hier legte der Prüfer darauf Wert, dass wir wirklich wie im ersten Semester den Vertragsschluss über zwei übereinstimmende Willenserklärungen, Angebot und Annahme mit Abgabe und Zugang prüfen. So kamen wir dazu, dass das Angebot (Ebay-Fall typisch) dem Einstellen erfolgt und der Vertrag mit demjenigen geschlossen werden soll, der am Ende Höchstbietender ist. Die Frage war nun, ob dieser Vertrag über 17.000 € (so sah es das OLG) oder über 1,50 € (Meinung des BGH) geschlossen wurde, also ob das Anfangsgebot oder das Maximalgebot bereits die Annahme darstellt. Mit einiger Hilfe kamen wir schließlich dazu, dass die Annahme mit dem Gebot über 1,50 € unter der Bedingung erfolgt, dass kein wirksames höheres Gebot eines anderen abgegeben wird. Da hier der Verkäufer kein wirksames Gebot abgeben konnte („Gebot eines anderen“ laut Ebay-AGB) und er sich das Auto schlecht selbst übereignen kann, kamen wir schließlich zu dem Ergebnis, dass die Annahme bereits mit dem Gebot über 1,50 € erfolgt ist und ein Kaufvertrag mit dem Inhalt „Übereignung des Autos gegen Zahlung von 1,50 €“ zustande gekommen ist.

Nun schilderte uns der Prüfer einen weiteren Fall:
Unser Geschäftsführer (A) ist nun verheiratet und hat Familie und geht in ein Küchengeschäft, wo er sich eine Küche für 80.000 € kauft, welche dann auch eingebaut wird. In dem Gesamtpreis von 80.000 € entfallen sich 76.000 € auf die Küche und 4000 € auf den Einbau. Die Küche weist erhebliche Mängel auf, welche von der Montage herrühren. In einem Gespräch sichert das Küchengeschäft die Behebung der Mängel zu, es passiert jedoch nichts. Am 16. Februar schreibt A daraufhin eine E-Mail, der die komplette Mängelliste beigefügt und mit der um schnellstmögliche Behebung bittet. Daraufhin will das Küchengeschäft die Mängel bis zum 23. März beheben, es geschieht jedoch wieder nichts. Am 31. März schreibt nun der Anwalt des A dem Küchengeschäft und fordert dieses binnen einer Frist von zwei Wochen auf die Mängel zu beheben. Wieder geschieht nichts. Daraufhin tritt der A vom Vertrag zurück, lässt die Küche abbauen und einlagern und kauft sich eine neue Küche bei Ikea und lässt diese einbauen.
Wir sollten nun prüfen, welche Rechte der A mit Erfolg gegen das Küchengeschäft geltend machen kann.
Wir prüften zunächst den Rücktritt, da eine Rücktrittserklärung ja bereits vorlag kamen wir sofort zum Rücktrittsgrund. §§ 346 i.V.m. §§ 433, 437 Nr. 2, 323 BGB. Abgrenzung zwischen Kaufvertrag und Werkvertrag konnten hier ganz einfach anhand der Beträge 76.000 € Küche und 4.000 € Einbau vorgenommen werden, so dass Kaufrecht anzuwenden war. Im Rahmen des Mangels nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB stellten wir dann fest, dass wir mit dem Abbau und der Einlagerung der Küche unsere Beweise für das Vorhandensein der Mängel vernichtet haben, für die wir aber die Beweislast tragen.
Der Prüfer fragte nun wie man das hätte vermeiden können. Antwort: Selbstständiges Beweisverfahren nach § 485 ZPO.
Für die weitere Prüfung sollten wir dann unterstellen, dass ein solches stattgefunden hätte, die Mängel auf die falsche Montage zurückzuführen seien und die Küche nur noch Schrott wäre.
Wir kamen dann auf den fälligen und durchsetzbar Nacherfüllungsanspruch und die angemessene Fristsetzung (Recht der zweiten Andienung) zu sprechen.
Hier führte uns der Prüfer zu dem Problem, dass 14 Tage bei einer Küche für 80.000 € und erheblicher Mängel zu kurz bemessen sein könnten. Eine Entbehrlichkeit der Frist nach § 323 Abs. 2 Nr. 1-3 BGB wurde geprüft, jedoch verneint. Auf Nachfrage erörterten wir dann, ob uns die vorherige Mängelbeseitigung Aufforderung per E-Mail weiterhelfen könnte. Bei dieser wurde jedoch nur eine schnellstmögliche Behebung gefordert und keine explizite Frist gesetzt. Auf die Frage hin, ob dies ausreichen könnte, wurde von den Kandidaten damit argumentiert, wie wichtig eine funktionierende Küche sei.
Schließlich löste Der Prüfer, den Fall auf und erklärte uns, dass der BGH gerade entschieden habe, dass auch eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung ohne genaue Fristsetzung in bestimmten Fallkonstellationen ausreichen könne und diese Entscheidung für Rechtsanwälte von hoher Relevanz sei.

Damit endete die Prüfung. Viel Erfolg!

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